Deutsche Glasfaser & Inexio fusionieren & bekommen Geld
Das Unternehmen Deutsche Glasfaser will der größte FTTH-Glasfaserausbauer Deutschlands mit „Fiber To The Home“ (= Glasfaser bis ins Haus) werden. Durch den Einstieg neuer Investoren wie EQT und OMERS sieht das Unternehmen aus Borken (Westfalen) einen "massiven Wachstumsschub".
Größter Glasfaserausbauer in Deutschland?
Die Geschichte wird nämlich dadurch interessant, dass EQT nicht nur bei der Deutschen Glasfaser, sondern zugleich auch beim Glasfaserunternehmen Inexio eingestiegen ist. Beide Unternehmen sollen künftig eine "auf den Glasfaserausbau fokussierte Unternehmensgruppe" bilden.
7 Milliarden für 6 Millionen Anschlüsse
Mit einem geplanten mittelfristigen Investitionsvolumen von 7 Milliarden Euro plant der neue Verbund den Ausbau von mehr als 6 Millionen Glasfaseranschlüssen in ganz Deutschland. Damit würde die Gruppe den größten Teil der heute noch nicht mit Gigabit-fähigen Internetanschlüssen versorgten Gebiete in Deutschland erschließen können, so die Überlegung bei allen Beteiligten.
„Für uns als Deutsche Glasfaser ist der Einstieg von EQT und OMERS ein logischer Schritt... Wir freuen uns nun auf die neuen Möglichkeiten, welche ... eine weitere Beschleunigung des Wachstums eröffnen“, schwärmt Uwe Nickl, der CEO von Deutsche Glasfaser. Und weiter: "... Mit den für die Gruppe mittelfristig geplanten 6 Millionen FTTH-Anschlüssen werden wir weiter gerade die weißen und grauen Flecken erschließen – und so die digitale Wende in Deutschland vorantreiben. Es wird ein spannender Ritt – und wir freuen uns darauf“, so Uwe Nickl weiter.
Austausch der Investoren
Die bisherigen bei Deutsche Glasfaser aktiven Finanzinvestoren KKR und Reggeborgh beabsichtigen, ihre Anteile – nach der noch ausstehenden Genehmigung der in Deutschland und Europa zuständigen Behörden – an EQT aus Schweden und OMERS aus Kanada zu übertragen.
Wer ist EQT?
EQT ist eine börsennotierte schwedische Investmentgesellschaft mit aktuell 41 Milliarden Euro an verwaltetem Beteiligungsvermögen. EQT hat bereits 2019 die Mehrheitsanteile am saarländischen Telekommunikationsunternehmen Inexio übernommen und ist im Besitz einer Reihe führender Glasfasernetzbetreiber in Europa.
Wer ist OMERS?
OMERS ist einer der größten kanadischen Pensionsfonds mit einem Anlagevermögen von ca. 70 Milliarden Euro. In Deutschland bestehen OMERS-Beteiligungen unter anderem an Tank&Rast (Autobahntankstellen, Raststätten) sowie an der VTG (Eisenbahnwaggons, z.B. Tankwagen).
Nach der Erweiterung der Fremdkapitalbasis auf bis zu 1,8 Milliarden Euro im Januar 2020 folgt nun durch den Investorenwechsel eine erhebliche Erweiterung des verfügbaren Investitionsvolumens für den Glasfaserausbau in ganz Deutschland. Weitere Unternehmensstandorte sind bundesweit geplant, teilte Nickl weiter mit.
Partnerschaften mit Telekom und Vodafone
Neben den jüngst geschlossenen Open-Access-Partnerschaften mit der Deutschen Telekom und Vodafone Deutschland wird ein Schwerpunkt der weitere Ausbau von Kooperationen mit anderen Branchenteilnehmern sein.
Schwerpunkt Eigenwirtschaft
Aber es gilt weiterhin: „Wichtigste Partner sind und bleiben für uns die Menschen vor Ort und die Kommunen. Mit der mittelfristigen Zielsetzung von mehr als 6 Millionen Glasfaseranschlüssen für die neue Unternehmensgruppe haben wir uns eine sehr hohe Schlagzahl beim Ausbau vorgenommen. Für unsere Partner in Kommunen und Verwaltungen bedeutet das ebenfalls viel Arbeit mit Genehmigungen und Anordnungen. Daher ist der wichtigste Beitrag der Bundesregierung und der Länder zum schnellen Glasfaserausbau die Entschlackung, Standardisierung und Digitalisierung dieser Verfahren“, betont Uwe Nickl.
Diese "Megafusion" unterliegt noch der Kartellfreigabe und kann voraussichtlich im zweiten Quartal 2020 abgeschlossen werden. Sie findet auch Resonanz bei den führenden Interessenverbänden der privaten Telekommunikationswirtschaft.
Der Breitbandverband BREKO begrüßt ausdrücklich die Übernahme der Deutschen Glasfaser durch die Infrastruktur-Investoren EQT und OMERS und den damit einhergehenden Zusammenschluss der Unternehmen Deutsche Glasfaser und Inexio zu einer führenden Glasfaser-Unternehmensgruppe in Deutschland. „Die Zeichen beim Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland stehen klar auf Glasfaser“, betont BREKO-Geschäftsführer Stephan Albers. Das werde "dem Wirtschaftsstandort Deutschland einen riesigen Schub geben. Hier entsteht eine echte ‚Glasfaserfabrik 4.0‘ mit Open Access als eingebautem Katalysator für noch schnelleren Glasfaserausbau in Deutschland.“
Das aktuelle Beispiel, aber auch der Einstieg von Finanzinvestoren bei einer Reihe kleinerer, mittelständischer Telekommunikationsunternehmen wie z.B. BBV, götel, GVG Glasfaser oder Titan Networks sowie das Großprojekt Glasfaser Nordwest(Joint Venture von Deutscher Telekom und EWE) zeige sehr deutlich, dass im Telekommunikationsmarkt ausreichend Kapital vorhanden sei, um den Glasfaserausbau zu den Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen zu bringen.
BREKO-Geschäftsführer Albers mahnt daher hinsichtlich der Pläne der Bundesregierung, durch ausgeweitete staatliche Förderprogramme (die sog. „graue Flecken Förderung“) in den funktionierenden Markt einzugreifen: „Geld allein baut keine Glasfasernetze. Wir brauchen Entbürokratisierung in Form schnellerer und einfacherer Genehmigungsverfahren sowie die Akzeptanz alternativer Verlegemethoden.“
Auch der VATM (Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten) begrüßt die Gründung der "neuen starken Unternehmensgruppe durch die beiden VATM-Mitgliedsunternehmen Deutsche Glasfaser und Inexio" ausdrücklich. Das werde dem Glasfaserausbau in Deutschland einen enormen Schub geben und den Infrastrukturwettbewerb weiter beleben.
Die Politik habe das Potenzial der massiven privaten Investitionen bedauerlicherweise lange nicht erkannt, auf Vectoring der Telekom gesetzt und nicht die optimalen Entscheidungen zu Gunsten des eigenwirtschaftlichen Ausbaus zum Beispiel bei der Förderung getroffen, erinnert VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. Auch die in Brüssel angemeldete neue Förderung mache diesen Fehler, setze auf Windhundrennen beim Baggern und Graben und sei konzeptlos.
Es wird keine Digitalisierungs-Gutscheine geben
Grützner bedauerte, dass Digital-Minister Scheuer den Digitalisierungs-Gutscheinen (Vouchern) für Bürger und Unternehmen eine klare Absage erteilt habe. Viele Bürger auf jedem Kilometer neue Netze anzuschießen, müsse gerade auf dem Land der neue Fokus der Regierung sein. Eigenwirtschaftlicher Ausbau statt althergebrachte Förderkonzepte sei nötig [...], ohne Milliarden Euro Steuergeld weiter wie bisher bürokratisch im Boden zu versenken.
Mit Deutsche Glasfaser, Inexio und Vodafone sind die drei Unternehmen im VATM-Präsidium vertreten, "die den Gigabit-Ausbau in Deutschland in den nächsten Jahren maßgeblich vorantreiben werden", freut man sich beim VATM.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Die Deutsche Glasfaser wurde dadurch bekannt, dass sie viele kleinere Städte, die für die Telekom nicht rentabel erschienen, im "eigenwirtschaftlichen" Ausbau erschlossen hat. Das geht so: Die Bürger eines Ortes werden davon "überzeugt", zu 40 Prozent (bei anderen Anbietern zu 60 Prozent) zu unterschreiben, dass sie die Glasfaser bis ins Haus wollen, was dann relativ günstig oder sogar mehrkostenfrei möglich ist, wenn man dabei einen (möglichst hochwertigen) Laufzeitvertrag unterschreibt. Klappt die Quote, wird holterdipolter, so günstig wie irgend möglich, ein Netz aufgebaut.
Aufgrund der Vergabe von Teilaufgaben an Subunternehmer können solche Bauvorhaben nach Beobachtungen von Betroffenen, etwas "turbulent" verlaufen, am Ende liegt dann (hoffentlich) die Glasfaser und irgendwann läuft der turboschnelle Anschluss sogar. Hausbesitzer, die sich gegen die Glasfaser aussprechen, müssten zu einem späteren Zeitpunkt einen ungleich höheren Betrag ausgeben, um angeschlossen zu werden.
Sofern die Telekom Glasfaser ausbaut, verläuft es ähnlich, auch hier würden "zu spät kommende" Eigentümer extra zur Kasse gebeten.
Geht es doch ohne Förderung?
Bisher dachten wir, der Glasfaserausbau sei nur mit staatlicher Unterstützung möglich. Auf einmal zeigen Deutsche Glasfaser mit Inexio und anderen, dass es "auch so" (= eigenwirtschaftlich) geht - wenn alle im Ort mitziehen und technische Minimalstandards beim Aufbau und beim Graben erlaubt sind.
Woran liegt es dann, dass es so zäh voran geht? Vielleicht weil manche Mitbürger gar kein so großes Interesse an schnellerem Internet haben oder schlicht die notwendigen monatlichen Kosten nicht aufbringen können oder wollen?
Die immer wieder vorgeschlagene Gutscheinlösung mit 500 Euro pro Grundstück hätte auch nichts gebracht, denn dafür sind die Mehrkosten für den Ausbau bis ins Haus kaum zu stemmen.
Das einzige Mittel bei "Eigenausbau" scheinen langlaufende Verträge zu sein, damit sich der Aus- und Aufbau irgendwann nach 10, 20 oder 30 Jahren einigermaßen rechnet.
Zusammenarbeit ist gut
Dass Deutsche Glasfaser (und damit auch Inexio) jetzt mit der Telekom und Vodafone zusammenarbeiten ist ein gutes Zeichen. Es besteht also Hoffnung, dass sich langsam etwas in Bewegung setzt. Wo Glasfaser ins eigene Haus geplant wird, ist man gut beraten, den Anschluss bauen zu lassen, später wird es garantiert viel teurer oder gar nicht mehr möglich sein.