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Mythos Darknet: Wo Verbote nichts nützen

Im Darknet kann man alles kaufen, auch Waffen für einen Amoklauf. Trotzdem ist ein Verbot, wie es einigen deutschen Politikern vorschwebt, Unsinn.
Von Marie-Anne Winter mit Material von dpa

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Nach dem Amoklauf in München ist die Debatte über das Darknet wieder hochgekocht - jener Bereich für anonyme Foren und Marktplätze im Internet, der nicht über herkömmliche Suchmaschinen erreichbar ist. Hintergrund ist, dass der Amokläufer von München nach bisherigen Erkenntnissen seine Waffe im Darknet gekauft hatte.

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Der Chaos Computer Club (CCC) warnte davor, die anonymen Bereiche des Internets zu verteufeln. "Das Bedrohungsszenario, das von deutschen Behörden gezeichnet wird, ist nicht sehr realistisch", sagte Linus Neumann vom CCC der Deutschen Presse-Agentur.

Tatsächlich habe der Amokläufer für den Kauf der Waffe über das Darknet laut Medienberichten Monate gebraucht, sagte Neumann. In der realen Welt wäre dies wahrscheinlich sehr viel schneller gegangen. Der Umfang des Drogen- und Waffenhandels im Darknet sei weitaus geringer als derjenige außerhalb des Internets.

Etwas verbieten, was nicht kontrolliert werden kann

Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) dringt darauf, ein Verbot von Waffenkäufen im Darknet zu prüfen. Das Waffenrecht müsse dagegen nach seiner Ansicht nicht verschärft werden. "Schon das geltende Waffenrecht sah vor, dass der Amokläufer die Waffe nicht haben durfte", sagte Mertin der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. "Man muss aber schauen, ob man nicht etwas Licht in dieses dunkle Netz bringen kann und solche Käufe verhindern kann." Er betonte jedoch: "Ich bin dafür, dass man sich in Ruhe die Ergebnisse der Ermittlungen zur Hand nimmt und nicht auf stereotype Forderungen zurückgreift."

Nun stellt sich natürlich auch die Frage, wie sinnvoll ein Extra-Verbot für Waffenkäufe im Darknet ist, wenn ein solches Verbot schon in der realen Welt nicht komplett durchgesetzt werden kann: Wer sich unbedingt eine Waffe beschaffen will und das nicht auf legalem Wege bewerkstelligen kann, beschafft sie sich halt illegal, verboten ist das so oder so schon.

Das virtuelle Hinterzimmer

Das Darknet ist ein Teil des Deep Web, das anders als das auf auf offenen Austausch angelegten Surface Web nicht einfach so angesurft werden kann. Es ist eine Art virtuelles Hinterzimmer für Eingeweihte, das anders aufgebaut ist als das offene Internet. Nach Einschätzung von Fachleuten ist das vor den Augen der normalen Internetnutzer verborgene Deep Web sehr viel größer als das Surface Web.

Ein Zugang ist über den Tor-Browser möglich, über den man Onion-Dienste erreichen kann. Hierbei wird die Verbindung über mehrere Knotenpunkte geleitet, um sie zu anonymisieren. Wie das genau funktioniert, haben wir in einer Hintergrundmeldung beschrieben.

Ursprünglich wurde das Tornetzwerk zum Schutz von Dissidenten entwickelt, die darauf angewiesen sind, anonym zu veröffentlichen und sich informieren zu können. Das gelte heute insbesondere für Menschen in der Türkei, Iran oder Syrien. Deshalb betont Neumann: "Hier ist eine Abwägung von Schaden und Nutzen wichtig."

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