Österreich

Warum der ORF und Kronehit nicht bei DAB+ mitmachen

Am Dienstag ist der bundes­weite DAB+-Multi­plex in Öster­reich gestartet. Doch die erfolg­reichsten Sender bleiben dem Digi­talradio (zunächst) fern. Wir erklären, warum.
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Kronehit setzt auf seine App statt auf DAB+ Kronehit setzt auf seine App statt auf DAB+
Foto: Kronehit
Am Dienstag, 28. Mai, ist der bundes­weite DAB+-Multi­plex in Öster­reich gestartet. Ähnlich wie in Deutsch­land gibt es jedoch auch in der Alpen­repu­blik Wider­stände gegen das digital-terres­trische Radio. Die vorge­scho­bene Begrün­dung ist gleich, die wahre Ursache auch.

Ein großer Unter­schied: Während in Deutsch­land die ARD von Anfang an positiv gegen­über DAB+ einge­stellt war, sieht der ORF das Digi­talradio kritisch und wird nicht über DAB+ zu hören sein. Im ORF sieht man DAB+ nur als Über­gangs­tech­nologie. Vor allem die neue Mobil­funk­genera­tion 5G und deren Broad­cast-Modus sind für den öffent­lich-recht­lichen Sender auf lange Sicht lukra­tiver. DAB+ wäre ledig­lich inter­essant gewesen, wenn es dem ORF erlaubt gewesen wäre, digi­tale Zusatz­programme, etwa eine massen­attrak­tive Jugend­welle, zu verbreiten. Das hat die Politik dem Sender jedoch nicht erlaubt.

Auch Kronehit lehnt ab

Kronehit setzt auf seine App statt auf DAB+ Kronehit setzt auf seine App statt auf DAB+
Foto: Kronehit
Aus ähnli­chen Gründen hat auch Privat­radio-Markt­führer Kronehit den Einstieg bei DAB+ abge­lehnt. "Aufgrund von diversen Gründen haben wir uns dazu entschlossen DAB+ zu über­springen", heißt es in einem State­ment des Senders bei Face­book. Man setzt im digi­talen Bereich voll auf eine Zukunft im Internet, mit modernen Features, die ein klas­sisches Rund­funk­system nicht bieten kann.

"Unsere App ermög­licht es zum Beispiel, Elemente aus dem Live­programm zu über­springen und weitere Features werden noch im Laufe des Jahres dazu kommen". Zudem setzt man auf 5G Broad­cast und will sich betei­ligen, sobald - voraus­sicht­lich noch in diesem Jahr - ein erstes Pilot­projekt startet: "Für die Konsu­menten hätte es den Vorteil, dass kompa­tible Geräte dafür schon längst im Umlauf sind und nicht extra ange­schafft werden müssten".

Exzel­lente Markt­posi­tion auf UKW

Experten halten die Gründe jedoch nur für vorge­schoben: Tatsäch­lich gibt es für die Platz­hirsche nämlich wenig Anreiz zum Einstieg auf DAB+. Der ORF ist der einzige Sender mit einem komplett ausge­bauten UKW-Netz in Öster­reich, das auch die abge­legenste Alm versorgt. Im Radio­markt hat der ORF einen Anteil von 71 Prozent. Kronehit besitzt eben­falls eine sehr gute UKW-Versor­gung und erreicht hier­über den Groß­teil der Öster­reicher. In vielen Regionen Öster­reichs sind die ORF-Radios und Kronehit die einzig terres­trisch empfang­baren Sender. Diese Markt­posi­tion will man auf lange Sicht vertei­digen.

Man hat dabei von den "DAB+-Verwei­gerern" aus Deutsch­land gelernt: Nur dort, wo das UKW-Spek­trum bereits komplett auf DAB+ abge­bildet ist und zudem neue Anbieter um die Gunst der Hörer buhlen, ist DAB+ erfolg­reich. Beispiel ist Bayern. Dort, wo die Platz­hirsche nicht auf DAB+ zu empfangen sind, reicht den Hörern häufig ihr altes UKW-Gerät. Es finden dann aber auch die neuen Konkur­renten weniger Hörer. Ein geschickter Schachzug.

Diese Stra­tegie funk­tioniert aller­dings nur so lange, bis die Markt­anteile für DAB+ doch zu groß werden. Etwa in Berlin und Bran­denburg, wo auch bishe­rige Gegner von DAB+ wie RTL mehr oder weniger zähne­knir­schend nun doch beim digital-terres­trischen Radio mitma­chen. Auch in Frank­reich haben sich Radio France und die großen Privat­radio-Gruppen nach langer Blockade zu einem Einstieg in die digi­tale Terre­strik entschlossen.

In Öster­reich könnte ähnli­ches passieren, aller­dings sind die Voraus­setzungen ungleich schlechter. Erst wenn die Platz­hirsche empfind­liche Verluste von Markt­anteilen hinnehmen, könnten sie doch über einen Einstieg bei DAB+ nach­denken. Ob sich bis dahin tatsäch­lich 5G Broad­cast als neues, lukra­tives Verfahren heraus­kris­talli­siert hat, ist frag­lich. Denn bisher sind hier weder Geschäfts­modelle klar noch Fragen des (kosten­losen) Zugangs ohne SIM-Karte beant­wortet.

Privat­radio-Verband unter­stützt DAB+

Anders als der Vaunet in Deutsch­land unter­stützt der öster­reichi­sche Privat­radio-Verband VÖP das digi­tale Radio. "Radio ist von Natur aus mobil und inter­aktiv. Diese Stärken müssen Radio­sender auf allen Wegen nutzen und ausspielen – ob terres­trisch via UKW oder DAB+, ob via Internet über Streams und Webra­dioan­gebote, oder auch über zukünf­tige neue Möglich­keiten wie viel­leicht 5G-Broad­cast. Die Zukunft der Verbrei­tung von Radio ist jeden­falls hybrid und DAB+ ein wich­tiger Baustein dieser Zukunfts­perspek­tive", heißt es aus dem Verband.

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