Cloud Gaming

Zocken mit 5G: Telekom-Branche hofft auf gute Geschäfte

Cloud Gaming soll eine der Killer­anwen­dungen für 5G werden. Sowohl die Spiele- als auch die Telekom-Indus­trie erhoffen sich gute Geschäfte. Voda­fone prescht schon mal mit einem eigenen Angebot vor.
Von Wolfgang Korne mit Material von dpa

Der Hoff­nungs­träger steht abseits. Während auf der Compu­terspie­lemesse Gamescom noch bis zum Wochen­ende Hundert­tausende Zocker in die Kölner Messe­hallen strömen, befindet sich ein 50 Meter hoher Anten­nenturm ganz in der Nähe. Neu wirkt das Ungetüm nicht, ein vergilbtes Namens­schild der "Voda­fone D2 GmbH" weist auf die lange zurück­liegende Fusion des briti­schen Konzerns mit Mannes­mann D2. Was hingegen auf einer Ebene des Mobil­funk­turms montiert ist, ist brandneu - und dürfte künftig auch für die Gaming-Welt ein kräf­tiger Wachs­tums­treiber sein: Es sind 5G-Antennen - einige der wenigen, die in Deutsch­land bereits live geschaltet sind.

Kurze Latenz­zeiten als Schlüssel

Vodafone hat in Zusammenarbeit mit Hatch Entertainment eine 5G-Spieleplattform auf den Markt gebracht. Vodafone hat in Zusammenarbeit mit Hatch Entertainment eine 5G-Spieleplattform auf den Markt gebracht.
Bild: Vodafone
Der ultra­schnelle Mobil­funk­stan­dard ermög­licht nicht nur die Über­mitt­lung deut­lich größerer Daten­mengen, sondern auch eine Reak­tions­zeit - Latenz - nahe null. Das heißt: Zockt man auf dem Smart­phone oder dem Tablet ein Spiel mit anderen, eben­falls vernetzten Usern, kann es in Quasi-Echt­zeit ein Wett­rennen oder eine Schie­ßerei geben. Verzö­gerungen gibt es kaum noch, so zumin­dest stellt es die Tele­kommu­nika­tions­branche dar. Sie verspricht sich gute Geschäfte dank Gaming - und reibt sich die Hände.

Netz­betreiber opti­mistisch

Im Konsu­menten­bereich werde die Nach­frage nach 5G-Mobil­funk einen "enormen Schwung auch durch Games" bekommen - und umge­kehrt Games durch 5G, sagt beispiels­weise Telekom-Chef Tim Höttges. Das sei ein "Mega­trend" mit stark wach­senden Online-Zugriffen auf Games. Sein Kollege von Voda­fone, Hannes Amets­reiter, sieht es ähnlich: "Die Gaming­branche boomt - sie braucht hohe Band­breiten und geringe Latenzen, also braucht sie auch 5G."

Voda­fone koope­riert mit Hatch

Voda­fone koope­riert mit dem finni­schen Spiele-Strea­ming­dienst Hatch, der 5G-opti­mierte Spiele anbietet. Die App ‚Hatch Cloud Gaming‘ ist ab sofort im Google Play Store verfügbar und Voda­fone-Kunden haben mit der Premium-Version drei Monate lang kosten­losen Zugriff auf mehr als 100 Spiele. Anschlie­ßend kostet der Dienst 6,99 Euro im Monat und ist monat­lich kündbar. Dabei geht es vor allem um Multi­player-Games, bei denen Inter­aktion mit anderen Spie­lern gefragt ist. "Mit den nied­rigen Latenz­zeiten und hohen Band­breiten von 5G können wir Spiele so einfach wie Musik und Filme auf jedes Smart­phone streamen", sagt Hatch-Mitgründer Vesa Jutila. "Das bietet Spie­leent­wick­lern neue Möglich­keiten."

Cloud-Rechner rücken näher zum Spieler

Aller­dings setzt selbst Hatch im eher kleinen Maßstab auf den neuen Stan­dard - nur etwa jedes zehnte Spiel auf der Platt­form ist 5G-opti­miert. Das heißt, dass die Spiele grafisch besser darge­stellt werden als bisher. Wegen 5G läuft das Spiel trotzdem ohne Ruckelei. Beim Zocken wird man nicht mehr verbunden mit Groß­rech­nern in den USA, sondern mit leis­tungs­starken Mini­servern in der Nähe - dadurch entfällt die trans­atlan­tische Wegstrecke, für die einige Milli­sekunden gebraucht werden.

5G auch zu Hause die erste Wahl?

5G ist vor allem für "Mobile Games" wichtig, also fürs Spielen unter­wegs etwa auf dem Smart­phone oder Tablet. Unter bestimmten Umständen sei 5G aber selbst zu Hause besser für Gaming, schließ­lich seien Latenz und Daten­volumen im Fest­netz - je nach Anschluss - mitunter lang­samer, sagt Voda­fone-Tech­nikchef Gerhard Mack. "Im Fest­netz sind es bei uns im Schnitt 30 Milli­sekunden Latenz, im 5G-Mobil­funk­netz hingegen nur 12 bis 13 Milli­sekunden." Beide Werte dürften aber noch sinken durch tech­nische Verbes­serungen.

Cloud Gaming ermög­licht neue Spiel­ideen

Cloud Computing soll ein der Killerapplikationen für 5G werden. Cloud Computing soll ein der Killerapplikationen für 5G werden.
Bild: Vodafone
Experten werten 5G als starken Treiber für die Branche. "Mobile Gaming boomt, der Bereich wächst in Deutsch­land pro Jahr um etwa ein Viertel", sagt Martin Wrulich von der Unter­nehmens­bera­tung McKinsey. Bei beliebten Spielen wie Pokemon Go sei eine direkte Inter­aktion mit anderen Spie­lern bisher nicht möglich, dank 5G werde sich das ändern. Die Spiele seien tech­nisch inzwi­schen so aufwendig, dass sie hohe Rechen­leis­tungen erfor­derten.

Busi­ness Case noch offen

"Nun verschiebt man den Rechen­aufwand in die Cloud und schickt dem Nutzer nur noch ein Live-Bild auf sein Smart­phone - am besten über 5G und nicht über WLAN, weil das in der Regel höhere Latenzen hat." Unklar findet Wrulich derzeit noch den "Busi­ness Case" - also wie Tele­kommu­nika­tions­firmen und Gaming-Anbieter daran Geld verdienen. Der Bau und Betrieb des Netzes seien sehr teuer. Ob diese Kosten indi­rekt von den Gamern begli­chen und oben drein noch ein Gewinn anfalle, sei derzeit noch frag­lich.

Gaming hat hohen Anteil am Traffic

Wie wichtig Gaming für die Tele­kombranche ist, verdeut­licht der stei­gende Anteil der Online-Spiele am Daten­volumen. 2015 habe dieser bei Voda­fone noch bei fünf Prozent gelegen, heute seien es 15 Prozent, sagt Mack. Und in einigen Jahren dürften es 30 bis 35 Prozent sein.

Auch der Bran­chen­verband Game hat die Bedeu­tung erkannt. Spieler wie Entwickler brauchten schnelle und stabile Daten­anbin­dungen, betont Verbands­chef Felix Falk. Da Spieler inzwi­schen mehr auf Mobil­geräte setzen statt auf PC oder Konsolen, sei 5G wichtig. Ein zügiger Ausbau wäre daher hilf­reich für die Branche, noch immer gebe es hier­zulande zu viele Funk­löcher oder zu lang­same Daten­verbin­dungen. Auch der E-Sports-Turnier­veran­stalter ESL betont die Bedeu­tung des Stan­dards: Wenn die Leute überall mit einer schnellen Verbin­dung spielen können, vergrö­ßere sich die Ziel­gruppe und somit auch der E-Sports-Markt, sagt Kris­tina Müller, Leiterin Stra­tegi­sche Part­nerschaften.

Gamer noch nicht voll über­zeugt

Und was sagen die Nutzer - können die es kaum erwarten, im 5G-Speed zu daddeln? Patrik Schön­feldt vom Verband für Deutsch­lands Video- und Compu­terspieler ist zurück­haltend. "Wir sind da zwie­gespalten: Die einen sagen, das mache das mobile Spielen einfa­cher; die anderen sind die Tradi­tiona­listen, die ein Spiel nach wie vor physisch haben wollen und nicht in irgend­einer Cloud." Beim Strea­ming werde das Angebot laufend über­arbeitet und gewisse Ange­bote würden gestri­chen - "gut möglich, dass man manches Spiel nach ein paar Jahren gar nicht mehr spielen kann".

Gene­rell sei ein flächen­deckender Mobil­funk wichtig fürs mobile Gaming. "Es ist gut, dass der Netz­ausbau langsam in die Gänge kommt." Nach seiner Einschät­zung ist 5G-Gaming aber zum Groß­teil noch Zukunfts­musik, schließ­lich brauche man neue 5G-fähige Smart­phones. "Bis das im Massen­markt ankommt, vergehen noch fünf bis zehn Jahre."

Nicht nur auf dem Mobil­telefon, auch am PC oder Tablet boomt Cloud Gaming. So hat etwa auch Medion ange­kündigt ein eigenes Angebot im November zu starten. Als Partner vermutet man in der Branche Play­giga. teltarif.de berich­tete.

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