Wahlprogramm-Check

Digitalisierung, Breitbandausbau & Co.: Das fordert "Die Linke" zur Wahl

Im Wahlprogramm der Linkspartei zur Bundestagswahl wird die Digitalisierung nicht nur als Chance, sondern auch als Bedrohung eingestuft. Was Die Linke im Bereich der Digitalisierung umsetzen möchte, haben wir zusammengefasst.
Von

Digitalisierung: Das fordert die Linkspartei zur Bundestagswahl Digitalisierung: Das fordert die Linkspartei zur Bundestagswahl
Bild: dpa
Obwohl Deutschland ein hoch­techni­siertes Land ist, sind viele Regionen beim Breit­band­aus­bau nach wie vor ab­ge­hängt. Viele Bürger und Unter­nehmer warten schon seit Jahren auf eine ver­nünftige Internet-Versorgung. Und auch bei Techniken wie vernetzten Autos, Robotern oder der digitalen Verwaltung darf Deutschland international nicht den Anschluss verlieren. Und trotz Technik­be­geisterung haben viel Deutsche aber weiterhin ein ausgeprägtes Gespür für den Schutz ihrer persönlichen Daten.

Die am 24. September stattfindende Bundestagswahl ist daher wieder auch ein Kompass dafür, wie die Parteien, die zur Wahl antreten, diesen Herausforderungen begegnen wollen. Denn letztendlich wählen die Bürger nicht nur die bunten Köpfe auf den Wahlplakaten mit ihren mitunter etwas einsilbigen Slogans, sondern Parteien mit einem Wahlprogramm.

In einer Artikelserie nimmt teltarif.de die Programme der etablierten Partien unter die Lupe und fasst zusammen, was CDU/CSU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und die AfD zu Netzausbau, Mobilfunkversorgung, selbstfahrenden Autos und Datenschutz zu sagen haben. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf das Wahlprogramm der Partei "Die Linke".

Keine "digitalen Tagelöhner" und Internet für alle

Digitalisierung: Das fordert die Linkspartei zur Bundestagswahl Digitalisierung: Das fordert die Linkspartei zur Bundestagswahl
Bild: dpa
Interessant ist bei­spiels­weise zu beobachten, an welcher Stelle in ihrem Wahl­programm die Parteien erstmals auf Digital­technik & Co. zu sprechen kommen. Im 144-seitigen aus­führ­lichen Wahl­programm der Linkspartei passiert dies auf Seite 16. Hier formuliert die Partei das Problem eines "digitalen Prekariats": Digitali­sierung und die Arbeit und Auftragsvergabe über Clouds und Plattformen würden neue, "oft entgrenzte und prekäre Beschäftigungsformen" schaffen. Das Arbeitsrecht würde "keine Anwendung" finden. Die Linke spricht von "digitalen Tagelöhnern, die ihre Arbeit per Internet anbieten". Nach Auffassung der Partei muss ein "EU-Rahmen zum Thema Crowdworking geschaffen werden, damit Mindestlöhne, Arbeitszeitregulierung, Sozialversicherung, Rentenversicherung, Besteuerung etc. weder ausgehöhlt noch umgangen werden können". Das "Recht auf Feierabend" und eine "Anti-Stress-Verordnung" werden dann aber pauschal für Beschäftigte aller Branchen gefordert.

Auf Seite 40 taucht dann das Investitions- und Zukunftsprogramm der Linkspartei auf, zu dem auch Zugang zu schnellem Internet "überall" gehört. Innovationen und Digitalisierung sollen "in den Dienst des Öffentlichen" gestellt werden. Nicht näher spezifizierte "Smart Cities von links" seien öffentlich, transparent und für alle zugänglich. Grundlegende Bereiche der Daseinsvorsorge, zu denen die Partei auch Kommunikationsinfrastruktur zählt, müssten in öffentlicher Hand organisiert sein.

Bildung: Ein mobiles Endgerät für jedes Kind

Der nächste Bereich, in dem die Linkspartei von Digitalisierung spricht, ist die Bildung. Auf Seite 57 des Wahlprogramms ist zu lesen, die Digitalisierung würde die Chance bieten, vielen Menschen einen schnellen Zugang zu Informationen zu ermöglichen. Das geschehe aber nicht von selbst, sondern müsse "durchgesetzt" werden. Ein "selbstbestimmter und kritischer Umgang" mit digitalen Technologien und dem Internet sei mit Bildung verbunden. Der Ausbau der IT müsse einhergehen mit der Ausbildung und mit Fortbildungsangeboten für Lehramtsstudierende und die aktiven Lehrkräfte.

Digitale Medien dürften kein Einfallstor für eine Privatisierung der Bildung durch private kommerzielle Anbieter, Unternehmen oder Verlage sein. In Bildungseinrichtungen eingesetzte Software solle freie Software sein, die Hardware sollte "nach Möglichkeit offen spezifiziert sein".

Jedes Kind solle ein "mobiles Endgerät" als Teil der Bildungsausstattung zur Verfügung haben und frühzeitig und regelmäßig mit den Prinzipien der digitalen Technologien vertraut gemacht werden. Schulen bräuchten daher "kostenlose Leihgeräte" für alle, die sich selbst keines leisten können.

Industrie und Verbraucherschutz

An weiteren Stellen des Parteiprogramms taucht die Digitalisierung aus Sicht der Linkspartei in Form einer Bedrohung auf. Die Digitalisierung und die Krise der Automobilindustrie (in einem gemeinsamen Atemzug) seien große Herausforderungen für die Gestaltung der Zukunft der Industrie. Rahmenkonzepte zur "sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Gestaltung der Digitalisierung" und zur Zukunft der Mobilität müssten unter "demokratischer Beteiligung und mit dem Sachverstand der Beschäftigten in der Industrie" entwickelt werden.

Im Kapitel zum Verbraucherschutz äußert Die Linke die Auffassung, zwei Jahre Gewährleistung für Mängel mit einem Beweisschutz von sechs Monaten sei zu wenig. Ohne Angabe einer konkreten Frist möchte die Partei die Garantie und die Gewährleistungspflichten verlängern und einen geplanten vorzeitigen Verschleiß gesetzlich verbieten. Unlautere Telefonwerbung, überhöhte Inkassokosten und Kostenfallen beim Telefonieren oder Surfen im Internet sollten "endlich beendet werden".

Verbraucher sollen einen Anspruch auf kurze, klare und vergleichbare Informationen, zum Beispiel bei Kosten für Internetangebote oder Telefonverträge erhalten. Beim Einkauf im Internet sollen Kunden um Zustimmung gebeten werden, wenn Daten von ihnen erfasst werden. Die Verordnungen der EU-Ökodesignrichtlinie müssten auf das Produktdesign erweitert werden, damit leichte Reparaturen durch die Nutzer gewährleistet würden.

Bezahlbares Internet als Grundrecht, Netze verstaatlichen

Die Linke setzt sich dafür ein, dass jeder Haushalt ein Anrecht auf einen bezahlbaren, schnellen Breitband-Internetanschluss hat. Die "Verfügung über Computer und Internetzugang" sei ein Teil des Existenzminimums. Die von Internetzugangsanbietern beworbenen Verfügbarkeiten und Geschwindigkeiten der Anschlüsse müssten auch tatsächlich zur Verfügung stehen: Wo 100 MBit[/s] drauf steht, müssten auch 100 MBit[/s] drin sein. Die Anbieter sollten statt maximal zu erreichender Datenmengen die garantierte Mindestmenge angeben.

Die offene Architektur des Netzes solle bewahrt werden. Dazu gehört für die Linkspartei, die Netzneutralität abzusichern. Um Netzneutralität und gute Versorgung sicherzustellen, sollten die Telekommunikationsnetze in öffentliches und gemeinwirtschaftliches Eigentum überführt werden. Die Glasfaserinfrastruktur solle "rasch und flächendeckend" ausgebaut werden - einen konkreten Zeitrahmen nennen die Linken dafür allerdings nicht. Wenn das Netz als Marktplatz genutzt werde, sollten dieselben Regeln wie auf dem Warenmarkt gelten. Wenn Nutzer wie bei E-Books und elektronischen Spielen nicht mehr Dateien zum Download verkauft bekämen, sondern nur noch einen Zugriff, sollten sie auch das Recht erhalten, diesen zu verleihen oder weiterzuverkaufen (die Partei nennt das "Digitaler Secondhand").

Im Bereich der zivilen Cybersicherheit hätten Bundeswehr und Geheimdienste "nichts zu suchen", stattdessen will die Linkspartei die Unabhängigkeit des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) stärken und dessen Beratungs- und Hilfsangebote ausbauen. Das BND-Überwachungsgesetz möchte die Partei wieder abschaffen.

Weitere Bundestags-Wahlprogramme im Check

Mehr zum Thema