Anhörung

Regulierer entscheidet im Sommer über Internetausbau auf dem Land

Die Telekom nutzt offenbar einige Ver­fahren zur Optimier­ung von Telefon­an­schlüssen schon selbst, ohne dass sie diese Möglich­keiten für die Wett­bewerber einräumt. Die Wettbewerber sprechen hier von einer Blockade. Die Bundes­netzagentur muss nun entscheiden, ob auch die Wett­bewerber Netz­änderungen beantragen dürfen.
Von Thorsten Neuhetzki

VDSL-Anschlüsse können nicht nur - wie hier - in der Vermittlungsstelle, sondern auch in Kabelverzweigern realisiert werden. VDSL-Anschlüsse können nicht nur - wie hier - in der Vermittlungsstelle, sondern auch in Kabelverzweigern realisiert werden.
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Im Laufe des Sommers wird die Bundesnetzagentur (BNetzA) über einen Regulierungsantrag der EWE Tel entscheiden. Dabei geht es um vier verschiedene Maßnahmen, die das Unternehmen beantragt hat und die aus seiner Sicht einen Breitbandausbau auf dem Land vereinfachen würden. Dabei handelt es sich um Maßnahmen wie einen Schwenk der Leitung zu einem anderen Kabelverzweiger, um die Leitungslänge zu verkürzen oder die Installation eines neuen Kabelverzweigers auf einem Verteilerkabel, in dem aktive Technik untergebracht werden kann.

Am vergangenen Freitag führte die Bundesnetzagentur ein Anhörungsverfahren zu dem Antrag des Anbieters aus dem Nordwesten Deutschlands durch. Dabei war das Interesse, als Anbieter offiziell beigeladen zu werden, ungewöhnlich groß, wie Benedikt Kind vom Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) im Gespräch mit teltarif.de berichtete. Er ist beim Breko zuständig für die Bereiche Regulierungsverfahren & Recht und war bei der vier Stunden dauernden Anhörung anwesend.

Telekom nutzt Verfahren in Einzelfällen offenbar selbst

VDSL-Anschlüsse können nicht nur - wie hier - in der Vermittlungsstelle, sondern auch in Kabelverzweigern realisiert werden. VDSL-Anschlüsse können nicht nur - wie hier - in der Vermittlungsstelle, sondern auch in Kabelverzweigern realisiert werden.
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Im Gespräch mit unserer Redaktion berichtete Kind, dass die Beteiligten der Beschlusskammer 3 der BNetzA offenbar großes Interesse an dem Antrag zeigten. Der Telekom seien viele Nachfragen gestellt worden. Dabei sei auch zur Sprache gekommen, dass die Telekom in Einzelfällen offenbar die vier verschiedenen Methoden zur Verbesserung der Breitbandversorgung für ihre eigenen Kunden selbst nutzt, Mitbewerberanfragen aber ablehnt, selbst wenn diese die Kosten übernehmen würden. Das sei auch der Grund, warum es nun zu einem offiziellen Verfahren bei der Bundesnetzagentur gekommen sei, so Kind. "Zu solchen Verfahren sollte es aber eigentlich erst gar nicht kommen. Inklusive der vorher geführten Verhandlungen haben wir schon wieder fast zwei Jahre verloren", werden die beiden Verbands-Geschäftsführer Jürgen Grützner (VATM) und Stephan Albers (Breko) in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung der beiden Branchenverbände zitiert. "Um keine Kunden zu verlieren, blockiert die Telekom den Breitbandausbau der Wettbewerber", hieß es weiter.

Was die Errichtung eines zusätzlichen Kabelverteilers angeht, so haben auch Mitbewerber hierzu die Möglichkeit. Allerdings sind ihnen die derzeitigen Voraussetzungen nicht ausreichend. Wenn in einem Ausbaugebiet die Hälfte der Bürger bereits mit 1 MBit/s versorgt sind, besteht keine rechtliche Notwendigkeit für eine solche Installation. EWE Tel hatte im nun laufenden Verfahren einen Wert von 30 MBit/s beantragt, die Telekom sei nach Angaben des Breko-Mitarbeiters zu einer Grenze von 3 MBit/s bereit.

Wettbewerber sehen sich bei Ausschreibungen benachteiligt

Die Wettbewerber sehen sich auch bei offiziellen Förderprogrammen von Ländern und Kommunen benachteiligt. Während die Telekom in ihrem Netz nach eigendem Ermessen weitere Kabelverzweiger für VDSL oder VDSL Vectoring errichten könne, hätten die Wettbewerber diese Möglichkeit nicht und müssten - ohne einen weiteren Verteilerschrank - einen FTTB-Ausbau kalkulieren und anbieten. Hier wird das Glasfaserkabel bis zum Haus gelegt, nicht nur bis zum Verteiler. Das ist zwar auf lange Frist gesehen besser, weil höhere Datenraten möglich sind, doch sind die Kosten aufgrund der Tiefbauarbeiten auch ein vielfaches höher, wie die Wettbewerber erläutern.

"Es sollte unser gemeinsames Ziel sein, die Glasfaser so weit wie möglich in die Nähe der Bürger auch auf dem Land zu bekommen", sagt Grützner auch im Hinblick darauf, dass sich die beiden im Wettbewerb stehenden Verbände in dieser Angelegenheit zusammentun. "Wer hier auf Wettbewerbsbehinderung und lange Regulierungsverfahren setzt, muss sich wirklich fragen lassen, ob so nicht Breitbandgipfel von Ministern und Ministerpräsidenten zur Farce gemacht werden." Die Wettbewerber würden vier Mal so viele Kabelverzweiger in ländlichen Gebieten wie die Telekom erschließen. Diese konzentriere sich vor allem auf die Ballungszentren. "Die Politik muss sich eindeutig hinter den Wettbewerb stellen", fordert Breko-Chef Albers.

Die Bundesnetzagentur muss entsprechend gesetzlich geltender Fristen bis zum 18. Juli über den Antrag der EWE Tel entscheiden, hat aber die Möglichkeit, sich eine Fristverlängerung zu erbitten, womit die Entscheidung bis zum 9. September ergehen müsste. Die Details der vier Anträge und was diese in der Praxis bedeuten, haben wir vor einer Woche in einer Hintergrundmeldung zusammengefasst.

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