Telekom-Glasfaser-Deal: getrübte Feierstimmung
NRW-Wirtschaftminister Andreas Pinkwart (Mitte), gratuliert gemeinsamt mit Marc Venten, Bürgermeister von Korschenbroich (2.v.r.) und Uwe Nickl, CEO Deutsche Glasfaser (r.), Familie Frensch
Deutsche Glasfaser
Hoher Besuch bei Familie Frensch im niederrheinischen Korschenbroich: NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart überreichte der Familie eine 1-Gigabit-Trophäe, obwohl sie „nur“ einen Anschluss der Deutschen Glasfaser mit niedrigerer Geschwindigkeit gebucht hatten. Aber es war der
500 000 Anschluss, den der Netzbetreiber aus dem Münsterland verlegt hat – wohlgemerkt, es handelt sich nicht um den 500 000 Kunden der Deutschen Glasfaser, sondern um die Zahl der angeschlossenen Haushalte (homes passed). Wie Deutsche Glasfaser mitteilt, zählt das Unternehmen inzwischen
300 000 Kunden.
Gratulation
NRW-Wirtschaftminister Andreas Pinkwart (Mitte), gratuliert gemeinsamt mit Marc Venten, Bürgermeister von Korschenbroich (2.v.r.) und Uwe Nickl, CEO Deutsche Glasfaser (r.), Familie Frensch
Deutsche Glasfaser
Die freudige Überraschung für Familie Frensch wurde mit einem Upgrade ihres gebuchten Tarifs auf 1 GBit/s gekrönt. Neben Pinkwart gehörten auch Korschenbroichs Bürgermeister Marc Venten sowie Deutsche-Glasfaser-CEO Uwe Nickl zu den Gratulanten. Die Gemeinde zwischen Mönchengladbach und Neuss ist eine von über 250 ländlichen Kommunen, in denen die Deutsche Glasfaser ihr Netz ausgebaut hat.
„Vor Jahren hat man uns für verrückt erklärt, FTTH-Netze in ländlichen Regionen privatwirtschaftlich auszubauen – heute gehören wir bundesweit zu den stärksten Glasfaseranbietern“, klopft sich Nickl ein wenig selbst auf die Schulter. Nach eigenen Angaben stammt fast jeder dritte neu gebaute FTTH-Anschluss von der Deutschen Glasfaser.
FTTH für Unternehmen und Haushalte
Mit dem 500 000 Anschluss soll natürlich noch nicht Schluss sein. In Korschenbroich schließt die Deutsche Glasfaser noch vier Gewerbegebiete an. Darüber hinaus schlossen die Münsterländer im Mai die Tiefbauarbeiten im Rethener Gewerbegebiet an der Bremer Straße ab. Ab Juli 2019 stehen den dortigen Unternehmen symmetrische Bandbreiten von 250 MBit/s bis 10 Gbit/s zur Verfügung.
Zudem ist die Deutsche Glasfaser auch in Frankfurt am Main im Gewerbegebiet Fechenheim-Nord/Seckbach aktiv. Im Herbst 2019 rollen die Bagger an. Der Großteil der Unternehmen soll noch bis Ende des Jahres einen Glasfaseranschluss erhalten.
Etwas weiter ist Deutsche Glasfaser bereits in Maintal. Im Gewerbegebiet Süd hat das Unternehmen innerhalb von zehn Wochen sechs Kilometer Glasfaserkabel verlegt. Im nächsten Schritt folgt das Gewerbegebiet Ost. Im Juni 2019 starten zudem die Tiefbauarbeiten im Gewerbegebiet Nord. Abschließen wird auch das Gewerbegebiet West ausgebaut. Ob der Zeitplan eingehalten werden kann, hängt aber nicht allein von der Deutschen Glasfaser ab. Die Deutsche Bahn muss noch Genehmigungen erteilen.
Ebenso geht bei der Deutschen Glasfaser der Breitbandausbau für Privathaushalte weiter. In Odenthal im Rheinisch Bergischen Kreis können die ersten der insgesamt 2400 Haushalte ab August 2019 mit bis zu 1 GBit/s im Internet surfen. Und auch die Gemeinde im Kreis Kleve können sich über Gigabit-Speed freuen. Landrat Wolfgang Spreen und Deutsche-Glasfaser-Chef Nickl haben für 15 Kommunen einen Kooperationsvertrag für den Netzausbau unterschrieben. Für die rund 1600 Kilometer an Glasfaserkabeln stellt der Bund sowie das Land NRW Fördermittel in Höhe von über 60 Millionen Euro bereit.
Proteste während der Vertragsunterzeichnung für die Gigabit-Region Stuttgart. Der Breko kritisiert ebenfalls den "Exklusiv-Deal"
diagnose:funk
„Kreisweit haben wir insgesamt etwa 40 000 Glasfaseranschlüsse privatwirtschaftlich realisiert“ erklärt Nickl. „Weitere
13 000 geförderte Anschlüsse kommen jetzt dazu.“ Der Ausbau beginnt im Herbst 2019 in den Kommunen Geldern, Issum, Kerken, Rheurdt, Straelen und Wachtendonk. Es folgen die Gemeinden Kalkar, Rees, Uedem, Wallfahrtstadt Kevelaer und Weeze. Den Abschluss bilden Bedburg-Hau, Emmerich am Rhein, Goch und Kleve. Die betroffenen Haushalte werden im Vorfeld des Ausbaus über den genauen Ablauf informiert.
Kritik an Ausbauprojekt für Region Stuttgart
Grund zum Feiern hatte auch die Deutsche Telekom. Ende Mai wurden die Verträge für die Gigabit-Region Stuttgart im Beisein von Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann unterzeichnet. Das Ziel: Bis 2025 sollen von den 2,8 Millionen Menschen und 140 000 Unternehmen in Stuttgart und den angrenzenden Landkreisen Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr 99 Prozent LTE nutzen können. Bis dahin soll jedes Unternehmen und die Hälfte der Privathaushalte über einen Glasfaseranschluss verfügen.
Bis 2030 will die Telekom die Privatanschlüsse auf 90 Prozent steigern. Außerdem soll die Region ein Pilotprojekt für die Einführung des Mobilfunkstandards 5G werden.
Die Feierlaune wurde jedoch von einer Protestkundgebung der Umwelt- und Verbraucherorganisation diagnose:funk getrübt. Nach eigenen Angaben kamen 80 Teilnehmer zur Veranstaltung, auf der die Organisation die Offenlegung des unterzeichneten Vertrags forderte. Die Telekom bekäme alle Rechte ohne jegliche Verpflichtung zu einem flächendeckenden Glasfaserausbau, lautete die Kritik.
„Noch besteht die Chance, dass die Gemeinden in der Region ihren Mut zusammennehmen und das Breitband-Glasfasernetz selbst aufbauen, statt sich diesem Telekom-Deal zu unterwerfen“, sagte Jörn Gutbier, Vorsitzender von diagnose:funk. „Denn offensichtlich hat, außer in Stuttgart, noch kein Gemeinderat in der Region den Geheimvertrag zur Diskussion und Entscheidung vorgelegt bekommen.“
Auch der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) kritisiert den „Exklusiv-Deal“. Dritte sollen laut Breko zwar Zugang zu den künftigen Glasfasernetzen der Telekom erhalten, allerdings wohl nur auf Basis eines neuen Vorleistungsmodells des Konzerns, das Zugang nur unter bestimmten Bedingungen vorsehe. „Die Begünstigung eines einzelnen Unternehmens ist mehr als kontraproduktiv, da dies zu einer Wettbewerbseinschränkung führt, die letztlich zu Lasten der Region, ihrer Bürger und Unternehmen geht“, sagt Breko Geschäftsführer Stephan Albers.
Merkel-Flug abgesagt
Von Protesten und Kritik in anderen Ausbaugebieten, über die die Telekom in ihrem Unternehmensblog informiert, ist indes nichts bekannt. Gleiches gilt für die Insel Ummanz vor der Westküste Rügens. Die Ummanzer können nun mit bis zu 50 MBit/s schnell surfen. Zur Freischaltung des Teilnetzes wollte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kommen, jedoch musste ihr Helikopterflug zur Insel wegen starken Nebels abgesagt werden.
Die Gemeinde freute sich auch ohne Merkel über die Fertigstellung des Netzes. Berlin bezuschusst das Gesamtprojekt in der Region mit 27,5 Millionen Euro. Das Land Mecklenburg-Vorpommern fördert den Ausbau mit 11,7 Millionen Euro. Insgesamt profitieren 8000 Haushalte, mehr als 850 Unternehmen und acht Schulen von den schnellen Netzanschlüssen.
Gigabit für die Kabelhaushalte Brandenburgs: Den Startschuss gaben in Potsdam Jörg Steinbach (r.), Wirtschaftsminister des Landes Brandenburg, und Christoph Clément, Mitglied der Geschäftsleitung Vodafone Deutschland
Vodafone
Auch in Brandenburg freut man sich über Gigabit-Speed, zumindest wenn man ans Kabelnetz von Vodafone angeschlossen ist. Ende Mai rüsteten die Düsseldorf 50 000 Anschlüsse in Potsdam mit Geschwindigkeiten bis zu 1 GBit/s auf. Bis Ende des Jahres folgen weitere 70 000 Anschlüsse in Cottbus, Falkensee und Königs Wusterhausen.
Bis 2021 will Vodafone insgesamt 280 000 Kabelhaushalte für Gigabit-Speed aufrüsten. „Für unsere ländlichen Regionen ist Vodafone Partner bei Glasfaserausbau, aber auch bei der Einführung der besonders leistungsfähigen 5G-Technologie“, sagt Jörg Steinbach, Wirtschaftsminister des Landes Brandenburg.