Bürokratie

Breitband: Deutschland sitzt auf seinen Fördermitteln

Das Ziel, bis 2025 nahezu ganz Deutschland mit zukunftssicherem Breitbandinternet auszustatten, wird schwer zu erreichen sein. Vor allem, wenn die für den Ausbau gedachten Fördergelder kaum beantragt werden.
Von Stefan Kirchner

Breitbandausbau in Deutschland Die Breitbandförderung ist ein riesiges Chaos
Logo: BMVI, Foto: Vodafone, Montage; teltarif.de
Nach monatelangen Verhandlungen über eine mögliche Regierungs­koalition im 19. Bundestag, ist zwischen den Unionsparteien und der SPD endlich ein Koalitions­vertrag zustande gekommen. Darin wird unter anderem die gezielte Förderung zum Ausbau des Breitband­internets mit Glasfaser­kabeln festgehalten.

Jedoch gibt es dabei ein Problem: Der Bund sitzt noch immer auf dem Großteil der bisher bereit­gestellten Summe an Förder­mitteln für den Ausbau der Breitband­netze in Deutschland, wie der Bayerische Rundfunk berichtet. Der amtierende Bundes­minister für Verkehr und Digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, ist mit seinem Vorhaben mehr als deutlich gescheitert: Von den flächen­deckenden 50 MBit/s noch in 2018 ist Deutschland weit entfernt.

Zähes Genehmigungsverfahren

Breitbandausbau in Deutschland Die Breitbandförderung ist ein riesiges Chaos
Logo: BMVI, Foto: Vodafone, Montage; teltarif.de
Über 4 Milliarden Euro hat der seit 2015 im Amt befindliche Minister zusammen­getrommelt, aber unterm Strich sind von den Förder­mitteln tatsächlich nur 22,45 Millionen Euro bewilligt worden. 2017 flossen von 690 Millionen Euro etwa 15 Millionen Euro in entsprechende Bauvorhaben, 2016 sind es von 400 Millionen Euro lediglich 5 Millionen Euro gewesen. Wie wenig dieses Jahr von den ausbauenden Netz­betreibern beantragt wird, lässt sich nicht absehen, dürfte aber in einem sehr ähnlich niedrigen Bereich liegen. Da mutet es schon fast komisch an, wenn berichtet wird, dass Mecklenburg-Vorpommern führend ist bei der Breitband­förderung.

Einer der Gründe, warum so wenig Bewilligungs­bescheide überhaupt ausgestellt wurden, liegt im Verfahren begründet. Laut den Vorgaben des Bundes­verkehrsministeriums müssen mehrere Stufen bei der Bewilligung durch­gearbeitet werden, bevor ein positiver Bescheid erstellt werden kann. Für die Sachbearbeiter in kommunalen Bauämtern mit wenig Personal sind diese Vorgänge ganz einfach zu kompliziert, weswegen etliche Anträge wieder zurückgezogen wurden.

Hinzu kommt, dass einige Anträge auf Förderung durch den Bund noch mitten in der Anfangs­phase stecken, wo die erforderlichen Ausbau­maßnahmen erst noch konkret erarbeitet werden müssen, auf deren Grundlage die tatsächliche Förderung aufbaut. Jedoch gibt es auch da die ein oder andere Hürde: Die Rechtslage sieht vor, dass bei den bereit­gestellten Ausgaben­höhen die Bauaufträge europaweit ausgeschrieben werden müssen.

Paradebeispiel für politisches Versagen

Ein weiterer Punkt ist, dass Kommunen einfach keine örtlich ansässigen Baufirmen finden, die zeitnah Kapazitäten übrig haben für einen Breitband­ausbau. Jahrelang passierte nichts und nun wollen alle auf einmal gleichzeitig die Leistungen in Anspruch nehmen.

Genau dabei stellt sich heraus, wie kurzsichtig der Bundes­verkehrsminister die ganze Sache mit der Breitband­förderung wohl angegangen ist. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt dabei der Bundes­rechnungshof, welcher dem CSU-geführten Verkehrs­ministerium im Januar 2016 ein nieder­schmetterndes Zeugnis ausgestellt hat.

Darin wird bemängelt, dass das Bundes­verkehrsministerium die Abteilung "Digitale Gesellschaft" ohne irgendwelche Analysen der Sachlage ins Leben gerufen und mit 45 Mitarbeitern besetzt hat. Was die Abteilung machen muss, wurde erst im Laufe der Zeit überhaupt erörtert und ausformuliert.

Hinzu kommt, dass Dobrindt als Experten lieber einen Parteifreund und Juristen als Abteilungs­leiter einbestellt hat, anstelle eines Experten für digitale Angelegen­heiten. Sprich, es fehlte von Beginn an die fachliche Kompetenz an der Spitze der Abteilung. Selbiges gilt auch nach Ansicht des Bundes­rechnungshofes für die Beschaffung der Förder­mittel. Das Ministerium forderte Milliarden an Euro an, ohne vorher den möglichen Bedarf ermittelt zu haben.

Auf die Frage des BR, ob man aus dem Bericht gelernt habe, hieß es deutlich "Ja" und man habe entsprechende Konsequenzen gezogen. Welche das sind, wollte die Digital-Abteilung des Bundes­verkehrsministeriums nicht nennen. Dobrindt selbst verweigert dem Bayerischen Rundfunk jeglichen Kommentar.

Die unzureichenden Bemühungen der kommenden Bundesregierung bei Digitalthemen kritisiert auch TK-Experte Torsten J. Gerpott in seinem aktuellen Gastbeitrag für teltarif.de: Digitale Infrastrukturen im Koalitionsvertrag - mehr Schein als Sein.

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