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Bluetooth Beacons: Von der Zahnbürste zum Zahlen per Smartphone

NFC ist als Bezahlsystem in aller Munde, dank sogenannter Beacons könnten Kunden bald per Bluetooth bezahlen. Die Technik bindet den Nutzer zudem in das Internet der Dinge ein, beispielsweise durch eine Anbindung der Zahnbürste ans Smartphone. Wie funktioniert das und wie sieht die Zukunft aus?
Von dpa / Kaj-Sören Mossdorf

Bluetooth Beacon, so groß wie ein Lippenstift Bluetooth Beacon
Bild: DPA
Milliarden von kleinen Datensendern heben vielleicht schon bald die Grenzen zwischen digitaler Welt und dem richtigen Leben auf. Diese Beacons (Signalfeuer) finden in Verbindung mit Apps, also Programmen für mobile Geräte, vielfältige Anwendung in Einzelhandel, Tourismus oder im privaten Haushalt. Die kleinen Funker übermitteln ihren genauen Standort. Apps reagieren darauf mit bestimmten Aktionen. "Beacons eröffnen Möglichkeiten für völlig neue Geschäfte, das wird gigantisch", sagt der Marketing-Chef der Bluetooth-Interessengemeinschaft (SIG), Suke Jawanda, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

Bluetooth Beacon, so groß wie ein Lippenstift Bluetooth Beacon
Bild: DPA
Die Funktechnik Bluetooth sendet die Signale der Beacons mit einer Reichweite von gut 100 Metern aus. Die Botschaft lautet simpel: "Hier bin ich!", verbunden mit einer eindeutigen Kennung (UUID - Universally Unique Identifier). Die Sender, die selbst keine Daten empfangen, sind so groß wie etwa ein Lippenstift und am Ende mit einem USB-Stecker zum Aufladen versehen. Sie nutzen die Technik Bluetooth LE (Low Energy), die mit einem minimalen Stromverbrauch auskommt. Die Bluetooth SIG, der mehr als 8 000 Unternehmen angehören, vermarktet dies unter der Bezeichnung Bluetooth Smart.

Inzwischen gibt es immer mehr Geräte, die sich über Bluetooth Smart mit dem Smartphone verbinden. Das reicht vom biometrischen Armband für Messungen von Bewegung und Schlaf über Herzfrequenzsensoren für Langstreckenläufer bis zur Zahnbürste, die Putzdauer und Bürstendruck misst und ans Smartphone überträgt.

In Berlin bezahlen, ohne das Smartphone aus der Tasche zu nehmen

Der zu eBay gehörende Bezahldienst PayPal testet das Bezahlen in zehn Cafés und Restaurants rund um den Rosenthaler Platz in Berlin. Über eine PayPal-App wird das Konto des Kunden mit dem Kassensystem Orderbird verbunden. Drei oder vier Gäste am Tag nutzten diese Möglichkeit, über PayPal zu zahlen, sagt der Inhaber der Berliner Konditorei Du Bonheur, Stephan Zuber. Aber die meisten Kunden seien traditionell Barzahler. Die Umstellung der Zahlungsgewohnheiten sei "ein langer Prozess, der erst am Anfang ist".

Beacons könnten die Sache beschleunigen. Ein Kunde checkt auf Wunsch mit einer vorab installierten App beim Händler automatisch ein - und zahlt, ohne das Smartphone auch nur aus der Tasche zu holen, wie PayPal-Manager Matthias Setzer erklärt: "Unsere Vision ist es, das Bezahlen unsichtbar zu machen." Wenn der Anwender es zuvor gestattet hat, sieht der Händler nicht nur den Namen des Kunden, sondern auch dessen bisherige Einkäufe und kann ihn entsprechend beraten.

Solche Szenarien gehören aber auch zu den Schreckensbildern eines "gläsernen Kunden", dessen Konsumverhalten lückenlos gespeichert wird. "Wir teilen diese Daten mit niemandem", versichert Sezer. "Wer da nicht sauber arbeitet, ist sofort raus aus dem Geschäft." Es bleibe stets die Entscheidung des Kunden, welchem Einzelhändler er so sehr vertraue, dass er das automatische Einchecken zulasse.

Beacon-Unterstützung in Android und iOS

Auch Apple setzt auf die Erweiterung der Smartphone-Erfahrung mit Beacons, die hier firmentypisch als iBeacons bezeichnet werden. Die Unterstützung für diese Technik wurde im vergangenen Jahr in iOS 7 eingebaut, der siebten Version des Betriebssystems für iPhone und iPad.

Software-Entwickler freuen sich auf die neuen Möglichkeiten. "Beacons sind ein weiterer Schritt für die Verbindung zwischen realer und imaginärer Welt", sagt Rayko Enz, Geschäftsführer der Heilbronner Firma SIC Software GmbH. Im Zentrum stehe aus technischer Sicht die Möglichkeit, bestimmte Aktionen an bestimmten Orten auszulösen. Die Apple-Plattform biete da bislang Vorteile. Bei der Google-Plattform mache sich die Fragmentierung in unterschiedliche Android-Versionen bei der Hardware-Anbindung schnell negativ bemerkbar.

Der Preis für einen Beacon-Sender werde schon bald auf weniger als vier Euro sinken, erwartet Jawanda. Schon jetzt gebe es mit der Oxford Street in London eine ganze Straße mit Einzelhändlern, die auf den Beacon-Zug aufgesprungen sei.

Die Beacon-Technik werde den Alltag dramatisch verändern, erwartet der Informatiker Christian Goosen, der dazu im Mai eine Abschlussarbeit am Institut für Datenbanken und Informationssysteme der Universität Ulm vorgelegt hat. "Wir könnten eines Tages alle Armbänder tragen oder Beacons in uns implantiert haben und so als Menschen am Internet der Dinge teilnehmen."

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