Blackview Wärmebild-Phone: Einfuhr in die EU verboten
Blackview-Smartphone mit Wärmebildkamera: Einfuhr in die EU verboten
Bild: Blackview, Screenshot: teltarif.de
Dass bei der Einfuhr von Elektrogeräten aus Asien in die EU immer ein gewisses Risiko besteht, ist bekannt - doch wenn es tatsächlich zu einer Ablehnung der Einfuhr kommt, ist das für den betroffenen Kunden ärgerlich. Denn möglicherweise ist sein Geld weg, ohne dass er das bestellte Gerät jemals in der Hand hatte.
Genau das ist einem teltarif.de-Leser kürzlich passiert, der ein besonderes Outdoor-Smartphone direkt in Asien bestellt hatte. Es handelt sich um das Blackview BV9800 Pro mit Wärmebildkamera.
Keine Herausgabe des Geräts
Im Herbst 2019 hatten wir über dieses Smartphone mit Wärmebildkamera des Herstellers Blackview aus Honkong berichtet. Einer unserer Leser hat es daraufhin über die Kickstarter-Kampagne zur Lieferung aus Asien nach Deutschland bestellt.
Das Gerät wurde allerdings vom örtlichen Zollamt einbehalten. In einem Schreiben von der Zollbehörde an den Kunden, das uns vorliegt, heißt es: "Kontrolle hinsichtlich der Produktsicherheit i.S.d. VO (EG) 765/2008: Die zuständige Marktüberwachungsbehörde (Bundesnetzagentur, Referat 411, 28789 Leer) hat zwischenzeitlich mitgeteilt, dass es sich bei dem vorliegenden Produkt um ein nichtkonformes Erzeugnis i.S.d. VO (EG) 765/2008 handelt, das zum Schutz der menschlichen Gesundheit nicht in die EU eingeführt werden darf."
Eine weitere Begründung enthält das Schreiben allerdings nicht. Dem Leser wurden vom Zollamt nur zwei Optionen angeboten: Die Rücksendung an den Absender oder die Vernichtung des Artikels durch den Zoll. Eine Herausgabe des Geräts an den Kunden stand nicht zur Diskussion. Sollte der Kunde etwas länger für seine Entscheidung benötigen, würde das Zollamt ihm für die Lagerung des Geräts 50 Cent Lagerkosten pro Tag in Rechnung stellen. Bislang hat Blackview den Kaufpreis nicht erstattet.
Blackview-Smartphone mit Wärmebildkamera: Einfuhr in die EU verboten
Bild: Blackview, Screenshot: teltarif.de
Bundesnetzagentur äußert sich
Als der Leser uns das Schreiben des Zollamtes zukommen ließ, wunderten wir uns - ebenso wie der Kunde - darüber, dass das Schreiben keinerlei Angaben über den Grund enthielt, warum denn das Smartphone nun nicht in die EU eingeführt werden darf. Sollte es an der ungewöhnlichen Wärmebildkamera liegen? Wir wandten uns daher an die Bundesnetzagentur.
Auf unsere Frage, inwieweit das betreffende Gerät Blackview BV9800 (Pro) gegen die genannte EU-Verordnung verstoßen, habe, nannte uns die BNetzA drei primäre Gründe: "Folgende Mängel wurden festgestellt: Keine CE-Kennzeichnung auf dem Produkt (§19 Funkanlagengesetz), keine Konformitätserklärung verfügbar (§20 Absatz 2 Funkanlagengesetz), kein Identifizierungsmerkmal auf dem Produkt (§10 Absatz 1 Funkanlagengesetz)."
Zu unserer Frage, welche genauen technischen Details des Geräts zu dem Verstoß geführt hätten, antwortet die Behörde: "Die Anforderungen zum Inverkehrbringen/ Inbetriebnehmen wurden nicht erfüllt. Aufgrund dessen wurde die Überführung in den zollrechtlichen freien Verkehr durch das zuständige Zollamt nicht gestattet."
Die Frage nach der Wärmebildkamera
Ganz besonders hat uns natürlich interessiert, ob der Verstoß etwas mit der eingebauten Wärmebildkamera zu tun hat. Hierzu erhielten wir zur Antwort: "Einzelne Features des Produktes haben hier nicht allein zu dem vorliegenden Ergebnis geführt. Die Konformität des Produktes wurde nicht nachgewiesen, aus diesem Grund war eine Freigabe nicht möglich."
Zu unserer Frage, ob das Gerät durch eine einfache Modifikation eine Betriebserlaubnis für die EU erhalten könnte, verwies die BNetzA ebenfalls auf die Kennzeichnung: "Durch den Nachweis des vollständig (und erfolgreich) durchgeführten Konformitätsbewertungsverfahren und der hiermit verbundenen korrekten Kennzeichnung wäre ein Inverkehrbringen möglich."
Nicht besonders detailliert ging die Behörde allerdings auf unsere Frage ein, welche konkrete Gesundheitsgefahr bei einem Betrieb des Blackview BV9800 (Pro) bestanden hätte: "Durch die Nichteinhaltung der grundlegenden Anforderungen können diese vielfältig sein."
Eigentlich betreibt die EU-Kommission mit dem ICSMS ein Informations- und Kommunikationssystem für die pan-europäische Marktüberwachung mit einer Datenbank gefährlicher Geräte. Dort konnten wir das Blackview BV9800 (Pro) allerdings nicht finden. Auf unsere Frage, ob die Prüfberichte der Bundesnetzagentur zur Produktsicherheit einzelner Smartphones irgendwo veröffentlicht werden, schrieb uns die BNetzA: "Zum derzeitigen Zeitpunkt werden vom Zoll an die Bundesnetzagentur gemeldete Produkte nicht in ICSMS veröffentlicht. Bei dem vorliegenden Modell wurden von der Bundesnetzagentur keine messtechnischen Prüfungen durchgeführt. Es erfolgte jeweils eine formelle Prüfung."
Eine Einschätzung
Unserem Leser wurde nach dieser Auskunft durch die Bundesnetzagentur die Einfuhr des Smartphones also gar nicht deswegen verwehrt, weil das Gerät technisch geprüft und für gefährlich befunden wurde. Es verfügte lediglich nicht über die für die EU vorgeschriebenen Produkt-Kennzeichnungen - das allein hat zur Ablehnung der Einfuhr geführt. Das Problem bei Kennzeichnungen wie dem CE-Siegel ist allerdings: Selbst wenn dieses (ohne Kennnummer) gut sichtbar auf einem Gerät oder der Verpackung prangt, heißt das lediglich, dass der Hersteller die Vorschriften kennt, nicht aber, dass das Gerät eine echte Prüfung durchlaufen hat.
Dazu kommt, dass inzwischen mehrere Amazon-Händler das Blackview BV9800 (Pro) über Amazon Deutschland verkaufen, die Auslieferung erfolgt damit aus deutschen Lagern. Irgendwie muss das Gerät also inzwischen doch legal nach Deutschland gelangt sein.
Auf jeden Fall tun Interessenten gut daran, Geräte aus Asien bei einem deutschen Online-Shop zu bestellen, denn dann befindet sich das Gerät bereits in Deutschland, die Zoll-Formalitäten wurden bereits vom Händler abgewickelt und der Kunde hat eine zweijährige gesetzliche Gewährleistungsfrist.
Die Fortsetzung zu diesem Bericht, in der wir erläutern, nach welch abenteuerlichen Erlebnissen der Kunde sein Geld wieder bekommen hat, lesen Sie hier: Blackview Einfuhr-Verbot - Kunde erhält sein Geld zurück.