Bitkom: Keine Hintertüren bei WhatsApp & Co.
Die End-to-End-Verschlüsselung von Messengern ist manchen Politikern ein Dorn im Auge
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Die Digitalverbände Bitkom und BVDW haben eindringlich davor gewarnt, nach dem Anschlag von Halle dem Verfassungsschutz Befugnisse auch zur Online-Durchsuchung und zur Überwachung verschlüsselter Kommunikation zu geben. „Die Schwächung von Verschlüsselungen durch den Einbau von Hintertüren schafft vor allem zusätzliche Unsicherheit. Wer meint, er könne für mehr Sicherheit sorgen, indem er Technologien unsicherer macht, irrt“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder dem Handelsblatt. „Solche Schwachstellen sind nicht dauerhaft kontrollierbar und zugleich eine Einladung an Cyberkriminelle und ausländische Nachrichtendienste.“
Besser wäre aus Sicht Rohleders, mehr einschlägig qualifizierte Mitarbeiter für gezielte Ermittlungstätigkeiten im digitalen Raum einzusetzen. Terrorismus und andere Formen schwerster Kriminalität müssten auch in der digitalen Welt bekämpft werden können. „Dazu brauchen die Behörden entsprechende digitale Fertigkeiten und Ressourcen“, betonte der Bitkom-Experte.
Hintertür ist gleich Sicherheitslücke
Die End-to-End-Verschlüsselung von Messengern ist manchen Politikern ein Dorn im Auge
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Der Präsident des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW), Matthias Wahl, warnte die Politik vor „politischem Aktionismus“, der mit weiteren, einseitigen Grundrechtseingriffen einhergehe. Eine Zugriffsmöglichkeit auf verschlüsselte Kommunikation in Verbindung mit Entschlüsselung würde einen „Paradigmenwechsel“ darstellen, sagte Wahl dem Handelsblatt. „Technisch müsste dafür eine Art Hintertür oder Generalschlüssel implementiert werden, eine Art vorprogrammierte Sicherheitslücke.“ Dies würde den von der Regierung selbst gesetzten Anspruch, Deutschland als Verschlüsselungsstandort Nummer eins zu etablieren, konterkarieren. „Es braucht weiterhin eine starke Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ohne Hintertür“, so Wahl.
Anschlag facht Diskussion neu an
Die Digitalverbände widersprechen damit Stimmen aus der Politik, die nach dem Anschlag ein Zugriffsrecht der Behörden auf verschlüsselte Messenger-Dienste gefordert hatten. So sagte Matthias Middelberg, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im deutschen Bundestag gegenüber dem ZDF: „Ein Netzwerk zeichnet sich immer durch Kommunikation aus, und deshalb müssen wir genau auf diese Kommunikation zugreifen können“. Dabei argumentierte Middelberg, dass die Kommunikation heute nicht mehr per Telefon oder SMS ablaufe. Die Wege hätten sich geändert. „Deshalb müssen wir eben auch an die Messenger-Dienste wie zum Beispiel WhatsApp ran." Innenminister Horst Seehofer forderte in diesem Zusammenhang gleich umfassende „Befugnisse um das Internet zu überwachen“.
End-to-End-Verschlüsselung macht Überwachung schwer
WhatsApp und viele andere Messenger-Dienste nutzen allerdings eine End-to-End-Verschlüsselung. Dadurch wird sichergestellt, dass die Nachrichten stets nur von Sender und Empfänger gelesen werden können. Auch die Anbieter der Dienste können dadurch auf die Inhalte nicht zugreifen und damit auch keine Chats weiter geben. Ein Durchgriffsrecht durchzusetzen würde also schwer.
Die Diskussion über eine Backdoor in Messenger-Diensten ist nicht ganz neu. Bereits im Sommer hatten sich mehr als 100 Organisationen und Firmen in einem offenen Brief gegen solche Bestrebungen des Innenministeriums gewandt.