Netzkarten

Nachgeguckt: Welcher Anbieter hat das beste Netz?

Wie weit haben die Anbieter ihre Mobilfunknetze ausgebaut? Wir haben an verschiedenen Stellen der Republik die Netze anhand der Netzabdeckungskarten überprüft. Überraschendes Ergebnis: Teilweise wird statt UMTS inzwischen direkt LTE ausgebaut.
Von Thorsten Neuhetzki

Dieser Streit ist so alt, wie die Mobilfunknetze in Deutschland: "Welcher Anbieter hat das beste Netz?" Seit Jahren geht es dazu in Foren hoch her, die Meinungen sind oft so unterschiedlich wie die Jahreszeiten. Mit unseren Praxis-Netztests zeigen wir regelmäßig Unterschiede zwischen der Qualität der Netze auf. Im nächsten Schritt soll es nun darum gehen, die Ausdehnung der einzelnen Netze und Netzstandards in Deutschland darzulegen. Denn mit der Verfügbarkeit der Netze steht und fällt auch der Gesamteindruck der Netze.

So haben wir die Daten erhoben

Vergleich: 3G/4G-Abdeckung in Bad Schandau Vergleich: 3G/4G-Abdeckung in Bad Schandau
Bild: teltarif.de
Die Netzverfügbarkeit haben wir anhand der Netzkarten der Anbieter erhoben. Diese sind nach unseren Erfahrungen weitgehend glaubwürdig, wenn es nicht gerade um die Randgebiete der Ausleuchtzonen geht. Auch Aspekte wie Funkschatten und Berge sowie die Zellatmung bei hoher Auslastung können zu Unterschieden zwischen Theorie und Praxis führen.

Um die Glaubwürdigkeit der Netzkarten zu überprüfen, haben wir zudem nicht nur zufällig Orte in Deutschland ausgewählt, sondern unter diese zufällig ausgewählten Orte auch jene gemischt, bei denen wir die Glaubwürdigkeit durch eigene Erfahrungen überprüfen können. Im ersten Schritt haben wir uns dabei in der Regel auf mittelgroße Städte oder Kleinstädte konzentriert, und hier an zentrumsnahen Adressen wie dem Bahnhof oder dem Rathaus die Netzverfügbarkeit abgefragt. Doch auch exponiert gelegene Orte wie Helgoland oder Ost- und Nordsee-Inseln oder Grenzgebiete interessierten uns. Sie gelten oft als schwer versorgbar.

Im nächsten Schritt haben wir bei allen Netzbetreibern über deren jeweiligen Netzabdeckungskarten gezielt nach Funklöchern des Netzes gesucht - bevorzugt im 3G- und 4G-Netz. Mit den gleichen Ortsangaben haben wir dann die Netzabdeckung bei den anderen Netzbetreibern überprüft und konnten so die Unterschiede zwischen den Netzen deutlich machen. (Diese Ergebnisse lesen Sie auf der zweiten Seite dieses Artikels.)

Klar ist: Auch die Verfügbarkeitsprüfung mit Netzkarten kann nur eine Stichprobe sein und basiert gleichzeitig auf Angaben der Netzbetreiber, die diese Angaben in der Regel durch Berechnungsmodelle erheben. Diese sind über die Jahre jedoch gut geworden. Übrigens: Wir haben bewusst die beiden Telefónica-Netze o2 und E-Plus getrennt abgefragt. Zum einen gibt es noch keine gemeinsame Netzkarte, zum anderen sind die Netze nach wie vor eigenständig. Einziges Manko: E-Plus macht keine Angaben, wo LTE verfügbar ist.

Die Stichproben: Hier haben wir nachgeguckt

Karten zur
Netz­abdeckung
Um ein zufälliges Ergebnis zu erzielen, haben wir aus allen Ecken Deutschlands kleinere Orte herausgesucht. Einige von Ihnen haben jedoch beispielsweise durch den Tourismus eine überregionale Bedeutung, andere nicht. Nachdem die Orte samt ihrer genau bestimmten Abfrage-Anschriften - verteilt über ganz Deutschland - feststanden, begannen wir mit den Verfügbarkeitsabfragen. Mit einem erstaunlichen Ergebnis.

Unter unseren 15 zufällig bestimmten Orten war nur ein Ort, an dem ein einzelner Netzbetreiber gar kein Netz vorweisen konnte: Vodafone auf der Ostsee-Insel Rügen - genauer gesagt in Putgarten, nahe dem Kap Arkona. Hier sind zwar am Kap Sendemasten aller Netzbetreiber zu finden, die die Touristen und die küstennahe Ostsee mit Netz versorgen, doch auf der Insel selbst sorgen offenbar die Hügel dafür, dass sich die Signale nicht gut ausdehnen können. Denn auch andere Netzbetreiber haben hier Probleme: o2 kann nach eigenen Angaben GSM und UMTS innerhalb von Gebäuden nur eingeschränkt anbieten, bei der Telekom gibt es bei LTE nur Überreichweiten.

Als weitere (vermeintlich) schwierig zu versorgende Orte haben wir uns Helgoland (Hochsee-Insel), Bad Schandau (Berg- und Grenzregion) und Eisenhüttenstadt (Grenzregion) herausgesucht. Grenzregionen sind wegen der Frequenzabstimmung mit den Nachbarländern schwierig zu versorgen. Insbesondere das 800-MHz-Band ist hier problematisch.

Die Stichproben: So sieht es laut Netzkarten vor Ort aus

Die gute Nachricht: GSM gibt es überall und von allen Anbietern. Doch wenn es um mobiles Internet geht, trennt sich die Spreu vom Weizen. Am Fähranleger in Bad Schandau hatten Telekom-Kunden bis vor kurzem lediglich sporadisch LTE-Netzempfang, das von entfernt gelegenen Sendemasten kam. Während der Produktion unseres Artikels ging hier jedoch offenbar ein Sender on Air, so dass es hier nun auch LTE gibt. UMTS gibt es weiterhin nicht. Auch Kunden von E-Plus und o2 müssen mit GSM vorlieb nehmen, nur Vodafone gibt an, alle Netzstandards anbieten zu können. Zum Trost für die anderen Kunden: An anderen Stellen des bei Touristen beliebten Ortes gibt es auch von anderen Netzbetreibern schnellere Netze.

Keine Netzprobleme gibt es auf Helgoland. Zwar gibt es hier noch kein LTE, doch GSM und UMTS wird von allen Netzbetreibern angeboten. Gleiches gilt für die Grenzstadt Eisenhüttenstadt, wo es Probleme bei der LTE-Versorgung gibt. Lediglich einige schwache Signale könnten empfangen werden. Einzig Vodafone verspricht guten Empfang.

Telefónica: National Roaming bringt Verbesserungen

Betrachtet man nun alle Orte, so spiegelt sich bei diesem ersten Teil des Netzes wider, was auch viele Kunden schildern: Die Telekom erreicht mit ihren Netzen die meisten abgefragten Orte. Lediglich an einer von uns abgefragten Adresse bietet das Unternehmen kein UMTS an (Bad Schandau), an zwei Orten kein LTE (Helgoland und Eisenhüttenstadt). In drei kleineren Städten (Putgarten, Passau und Bad Schandau) erreicht die Kunden in der Theorie immerhin ein schwaches LTE-Netz. Vodafone kann seine Kunden an sechs unserer Testorte zum Zeitpunkt der Abfrage nicht mit LTE versorgen (Putgarten, Helgoland, Calw, Bad Blankenburg, Braunlage, Bad Münstereifel), an einem gibt es kein UMTS (Putgarten).

E-Plus verzeichnet bei vier Orten bei UMTS Ausfälle (Eisenhüttenstadt, Passau, Bad Schandau, Rothenburg ob der Tauber), LTE kann nicht ermittelt werden. Abschließend überrascht Telefónica mit seinem o2-Netz mit einer Nicht-Existenz von UMTS an nur zwei Standorten (Putgarten, Bad Schandau). LTE ist jedoch noch vergleichsweise schwach vertreten: Gerade einmal fünf unserer 15 Testorte sind aktuell versorgt (Eutin, Idar-Oberstein, Calw, Bad Blankenburg, List auf Sylt). Übrigens: Durch das National-Roaming schiebt sich Telefónica in Sachen UMTS-Abdeckung auf das Niveau von Telekom und Vodafone: In nur einem Ort hat keiner der beiden Telefónica-Netzbetreiber UMTS installiert (Bad Schandau).

Bauen die Wettbewerber gezielt weiße Flecken aus?

Jeder Anbieter hat Lücken in seinem Netz. Wie gehen die anderen Netzbetreiber mit diesen weißen Flecken um? Lesen Sie mehr dazu auf der nächsten Seite.

Mehr zum Thema