Autonomes Fahren

Autonom: Autos sollen selbst in die Werkstatt fahren können

Von der Robo­taxi-Vision haben sich viele Auto­bauer zumin­dest vorerst wieder verab­schiedet. Porsche tüftelt nun an einer anderen Form des auto­nomen Fahrens. Der Kunde hat davon eher nicht so viel, das soll er aber auch gar nicht.
Von dpa /

Das autonome Fahren soll nicht programmiert, sondern mit Daten "trainiert" werden Das autonome Fahren soll nicht programmiert, sondern mit Daten "trainiert" werden
Bild: Porsche
Es sieht noch etwas ruckelig aus, es dauert auch seine Zeit. Aber wenn's funk­tioniert, findet Stefan Jenzowsky, sei am Ende gar nicht so wichtig, wie schnell das Auto ist - selbst wenn es ein Porsche ist.

Gemeinsam mit dem Sport­wagen­bauer tüftelt Jenzow­skys Berliner Start-up Koper­nikus an einer Art Fern­steue­rung für Autos - autonom gelenkt von künst­licher Intel­ligenz in einem Computer und gedacht zum Beispiel dafür, dass der Betrieb von Werk­stätten effi­zienter läuft.

Die Idee: Der Computer steuert die Fahr­zeuge ganz allein über das Gelände, vom Park­platz in die Werk­halle bis auf die Hebe­bühne, wo schon der Mecha­niker wartet. Das soll Zeit und Arbeit und damit letzt­lich Geld sparen.

Projekt: Auto­nomes Fahren in der Werk­statt

Das autonome Fahren soll nicht programmiert, sondern mit Daten "trainiert" werden Das autonome Fahren soll nicht programmiert, sondern mit Daten "trainiert" werden
Bild: Porsche
"Auto­nomes Fahren in der Werk­statt" heißt das Projekt, das Porsche derzeit hinter verschlos­senen Toren auf einem Werks­gelände in Ludwigs­burg erprobt. "Der Grund­auftrag war, heutige Fahr­zeuge zu nehmen", sagt Jenzowsky. Sprich: Das Ganze soll mit der Technik funk­tionieren, die seri­enmäßig schon jetzt in den Autos vorhanden ist und nicht erst noch entwi­ckelt werden muss. Die Fahr­zeuge müssen nicht selbst in der Lage sein, autonom zu fahren. "Weg von Sensoren im Fahr­zeug, hin zu Sensoren in der externen Umge­bung und weg von relativ starrer Program­mierung, hin zu daten­basierten intel­ligenten Systemen", beschreibt es Porsche-Projekt­leiter Alex­ander Haas.

Kameras vor und in der Halle erfassen die gesamte Szenerie, die Soft­ware im Computer erkennt Autos, Menschen und Gegen­stände, berechnet den opti­malen Kurs zum Ziel und gibt die Fahr­befehle an die elek­troni­schen Systeme im Auto weiter.

Die Verbin­dung läuft über ein WLAN-Modul, das neuere Porsche-Modelle ohnehin an Bord haben. "Im Grund­satz ist das sehr seri­ennah", sagt Jenzowsky.

Das Auto müsse nicht mehr "gesucht" werden

Was ihm und auch Haas beson­ders wichtig ist: Weil die Bewe­gung von Fußgän­gern und anderen Fahr­zeugen voraus- und mit einbe­rechnet wird, folgen die Autos nie derselben Spur, sondern suchen sich stets einen neuen Weg - auch wenn das zumin­dest in der derzei­tigen Erpro­bungs­phase noch mit viel Kurbelei und Vor- und Zurück­setzen verbunden ist.

Was den beiden Entwick­lern aber auch klar ist: Der Auto­käufer, der bisher Stau­assis­tenten oder Funk­tionen zum auto­mati­schen Einparken kennt, hat von ihrem System nicht viel - und wird deshalb auch kaum dafür zahlen wollen. Die Kosten für die zusätz­liche Technik - laut Jenzowsky ein paar Hundert Euro - müssten aber ohnehin eher die Werk­stätten tragen.

Die - so sehen sie es zumin­dest bei Porsche - könnten dann aber auch durchaus davon profi­tieren, wenn nicht vor jeder der Hundert­tausenden Repa­raturen im Jahr ein Mecha­niker erst über den Park­platz laufen muss, um das entspre­chende Auto zu suchen. "Wenn man da jeweils ein paar Minuten spart, kommt da sehr viel Geld zusammen", sagt Haas.

Digi­talex­perte: Idee sinn­voll für große Betriebe

Dominik Lutter, Digi­talex­perte beim Zentral­verband Deut­sches Kraft­fahr­zeug­gewerbe, kann der Idee durchaus etwas abge­winnen - zumin­dest für große Werk­statt- und Service­betriebe, die pro Tag Dutzende bis Hunderte Fälle abwi­ckeln. Für klei­nere Betriebe, in denen ohnehin nur drei Autos auf dem Hof stehen, sei der Nutzen dagegen wohl begrenzt, sagt Lutter.

Bei Koper­nikus und Porsche denken sie aller­dings auch schon in größeren Dimen­sionen, an Park­häuser etwa. Dafür haben auch Daimler und Bosch schon ein vom Prinzip her ähnli­ches System im Stutt­garter Mercedes-Benz-Museum aufge­baut.

Haas und Jenzowsky können sich aber auch noch ganz andere Einsatz­gebiete vorstellen, zum Beispiel Logis­tikzen­tren oder Häfen, in denen Neufahr­zeuge auf Züge oder Schiffe verladen werden. "Da haben wir Tausende von Fahrern", sagt Jenzowsky. Zudem seien, weil es sich meist um abge­grenztes Gelände handle und die Autos noch nicht an ihre zukünf­tigen Besitzer über­geben seien, die regu­lato­rischen Anfor­derungen gering. Um den geschulten Rangier-Fahrer mit gutem Auge und ruhiger Hand tatsäch­lich ersetzen zu können, reicht aber selbst die Million Test­kilo­meter nicht, die das Porsche-System bislang in Compu­tersi­mula­tionen zusätz­lich zum Real­betrieb absol­viert hat.

Die bisher einge­setzten Kameras können das Fahr­zeug zwar auf zehn Zenti­meter genau posi­tionieren, das wäre aber sogar auf der Hebe­bühne noch etwas heikel. Die Entwickler bei Porsche und Koper­nikus setzen deshalb in den kommenden Phasen zusätz­lich auf Laser­technik. Die soll es dann auf einen Zenti­meter genau schaffen.

Mehr zum Thema Auto