Umstritten

Gesichtserkennung: Testlauf in Berlin wird verlängert

Der Probelauf zur automatischen Gesichtserkennung in Berlin ist umstritten. Nun soll die Bundespolizei länger testen. Trotzdem stellt der Innenminister bereits die flächendeckende Einführung in Aussicht.
Von dpa / Rita Deutschbein

De Maizière am Bahnhof Berlin Südkreuz De Maizière will das umstrittene Berliner Pilotprojekt zur automatischen Gesichtserkennung durch Überwachungskameras an Bahnhöfen verlängern.
Bild: dpa
Abhängig vom umstrittenen Berliner Pilotprojekt zur automatischen Gesichtserkennung will Bundesinnenminister Thomas de Maizière diese Form der Videofahndung flächendeckend an Bahnhöfen und Flughäfen einführen. Das kündigte der CDU-Politiker [Link entfernt] heute bei einem Besuch des Testversuchs am Berliner Bahnhof Südkreuz an. Das Versuchsprojekt soll zunächst sechs Monate länger laufen als geplant.

Bei einem positiven Ergebnis wolle er die Videoüberwachung zur Gesichtserkennung nach Schaffung einer gesetzlichen Grundlage flächendeckend einführen, "mindestens im Bereich des Innenministeriums - also bei Bahnhöfen und Flughäfen." Er sei auch bereit mit den Bundesländern zu sprechen, ob sie die Überwachung etwa im öffentlichen Nahverkehr übernehmen wollten, sagte de Maizière.

Er könne sich verfassungsrechtliche Bedenken schlecht vorstellen, wenn man nach Terroristen und Schwerverbrechern fahnde. "Die Bedenken würden dann höher, wenn man nach jedem Ladendieb fahndet." Die Verhältnismäßigkeit müsse bei der Überwachung stets geprüft werden.

Testlauf seit August

De Maizière am Bahnhof Berlin Südkreuz De Maizière will das umstrittene Berliner Pilotprojekt zur automatischen Gesichtserkennung durch Überwachungskameras an Bahnhöfen verlängern.
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Seit August filmen mehrere Kameras in drei Bereichen des Umsteigebahnhofs Südkreuz für die Computerprogramme zur Gesichtserkennung. 300 Testpersonen beteiligen sich freiwillig an dem Projekt. Gefilmt werden ein Ein- und Ausgang sowie eine Treppe. Mit Computern werden die Aufnahmen mit den gespeicherten Gesichtern der Testpersonen verglichen.

Die Sicherheitsbehörden begründen ihr Vorhaben vor allem damit, dass mögliche Gefährder vor einem Anschlag erkannt werden könnten. Datenschützer kritisieren die Überwachung. De Maizière zog heute eine positive Zwischenbilanz des Testlaufs. Die Erkennungsquote könne bislang auf 70 bis 85 Prozent beziffert werden. "Das ist besser als ich erwartet habe und die meisten Kritiker auch", sagte de Maizière. Die Zwischenergebnisse "versprechen einen erheblichen Mehrwert für die Fahndung nach Terroristen und Schwerverbrechern".

Test soll praxisnaher gestaltet werden

Ursprünglich sollte der sechsmonatige und in dieser Form bisher einmalige Test von Bundespolizei und Innenministerium Ende Januar enden. Das Testszenario wird nun um weitere sechs Monate verlängert. Der Test soll praxisnaher gestaltet werden - mit Vergleichsbildern schlechterer Qualität für den Abgleich mit der Datenbank. Erst so könne man präzise einschätzen, wie wirksam das Instrument sei, sagte der CDU-Politiker. Im polizeilichen Alltag haben man oft nur schlechte Bilder von den Menschen, nach denen gefahndet werde.

Schon im Vorfeld hatten Kritiker grundsätzliche Bedenken angemeldet. Der Deutsche Anwaltsverein bemängelte heute erneut das Fehlen einer Rechtsgrundlage. "Wenn massenhaft Gesichter von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern an Bahnhöfen gescannt werden, dann greift der Staat schwerwiegend in Grundrechte ein", erklärte der Verein.

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