e.Go Mobility: Die digitale Autoproduktion
An 26 Stationen können aktuell im Einschicht-Betrieb bis zu 10.000 Autos pro Jahr gefertigt werden, ein Zweischichtbetrieb wäre problemlos möglich, für Drei- oder Vier-Schicht-Produktion müsste das Werk erweitert werden.
Schuh glaubt, dass sein Auto 50 bis 100 Jahre halten könne, es soll nachhaltig sein. Er möchte "substanzielle Verschwendung vermeiden".
Roboterfabrik ist Unsinn
Nur noch wenige Handgriffe, dann ist das Auto fertig.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Die vollautomatische Roboterfabrik wäre technisch möglich, aber Unsinn. Schuh hat Mitarbeiter im Blick, die mit dem herkömmlichen Bildungssystem nicht immer gleich klar gekommen sind, die aber durchaus technisches Verständnis und Verantwortungsbewusstsein im Beruf haben, der ihnen in den weiträumigen Hallen sichtlich Spaß macht.
Alle Produktionsschritte müssen "ein-eindeutig" ablaufen, jeder Promille Fehler ist in der Summe viel zu viel und kostet Geld. Mit "ein-eindeutig" bezeichnen Wissenschaftler Ergebnisse, an denen es nichts zu interpretieren gibt. Wenn eine ganz bestimmte Schraube irgendwo rein soll, dann ist diese da drin und keine andere und an keinem anderen Ort.
Flexible und agile Produktion
Die Rohkarosse aus Aluminium-Profilen wird von AGV-Förderfahrzeugen der SEW-Eurodrive durchs Werk transportiert.
Foto: Hennign Gajek / teltarif.de
Wenn ein Auto gebaut werde, gäbe es schnell ein "Design freeze" (= Nichts mehr ändern!), doch statistisch kämen noch 36 Änderungen dazu. Die Idee, ein
Produktions-Wochenprogramm nicht mehr zu ändern, widerspreche der Realität. Ohne schnelle Rechner und volle Digitalisierung geht das nicht.
Sein Werk kommt ohne Fliessband aus, die im Bau befindlichen Fahrzeuge werden von intelligenten autonom fahrenden AGV-Transportern des deutschen Herstellers SEW-Eurodrive durch die Hallen bewegt. Die Steuerung der Fahrzeuge erfolgt über Funk.
Am Ende wird kontrolliert
Am Ende der Produktionsstraße wird das Fahrzeug mit Software beladen, Spur und Sturz eingestellt, die Bremsen geprüft und die Leistung gemessen. Zum Schluss fährt der Wagen durch eine "Monsun-Kammer", worin es heftig regnet. "Wasser und Elektrik mögen sich nicht", von daher muss alles "dicht" sein, bevor das Auto ausgeliefert werden kann.
Kein eigenes Campusnetz, sondern vom Netzbetreiber
Damit man auch sieht, wo der Sender hängt: Eines von 36 Stück 4G (künftig 5G) Modulen.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Schuh hätte sich bei der Bundesnetzagentur für eigene Campus-Frequenzen bewerben und sein Netz selbst aufbauen können. Das wollte er aber bewusst nicht. "Ich will dauernd etwas Neues dazu haben." Er hat sich für die "Expertise eines "erfahrenen Mobilfunkanbieters" entschieden, in diesem Fall Vodafone, und dort ist David Rosen der Projektmanager und Ansprechpartner, der stolz seine von Ericsson gelieferte Netzarchitektur erläutert.
Schuh hat mit seinem Campusnetz, das im Moment noch auf 4G-Frequenzen funkt, aber ab August auf die frisch ersteigerten 5G-Frequenzen von Vodafone wechseln wird, einiges vor. 36 kleine Antennen mit eigenem Sender sind im Werk verteilt, die jeweils über nur ein LAN-Kabel angesteuert und mit Strom (PoE - Power over Ethernet) versorgt werden. Damit die Besucher auch "sehen" können, wo der Sender hängt, wurde er mit dem Vodafone-Sprechblasen-Logo und einem roten Leuchtkranz versehen.
"Hinter der Wand" stehen die 5G-Core-Rechner von Ericsson, die mit Mobile-Edge-Computing ausgestattet und direkt mit der IT von e.Go verbunden sind. Da die Rechner nicht in weit entfernten Rechenzentren stehen, werden die notwendigen geringen Latenzen möglich.
Suchen und Warten
Vodafone Projektleiter David Rosen, e.Go CEO Günther Schuh, Vodafone-Geschäftskunden-Vertriebschef Alexander Saul und Vodafone CEO Hannes Ametsreiter.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Ein grosser Anteil der Produktion ist "Suchen und Warten". Dabei sind Datensicherheit und Ausfallsicherheit existentiell wichtig. Anderswo werden Industrie-Anlagen über WLAN realisiert, da gibt es Störungen durch andere Nutzer (Interferenzen) und die "einfachen" WLAN-Protokolle sind angreifbar. "Eine SIM-Karte hat bisher niemand hacken können".
Das Campusnetz soll aber den "privaten" Bereich auch "nach Aussen" mitnehmen können. Nicht alle Teile werden im Werk hergestellt und sollen sich rechtzeitig ankündigen. Oder man möchte nach der Auslieferung noch wissen, wie es dem Produkt geht. Hier gibt es einen "seamless Handover" von "innen" nach "außen".
Aktuell muss man bei 4G damit rechnen, dass ein vorbeifahrender Bus, dessen Insassen alle fleißig streamen, die Datenrate reduziert. Im 5G-Endausbau wird das e.Go-Netz in einem "Network Slice" ablaufen, der gegenüber anderen Nutzern der Frequenz komplett abgeschottet ist.
Vodafone Chef Ametsreiter findet, "wer neu startet, hat es leichter", weil man keine "Legacy" (ein Begriff für "Wir müssen Rücksicht auf die Vergangenheit nehmen, wir haben das schon immer so gemacht") beachten müsse.
Wie wird diese Mobilfunk-Dienstleistung bezahlt?
Der Frage weicht Schuh nicht aus. Man müsse rechnen, "wie viel spare ich anderswo?". Zum Start musste ein "ernsthafter Betrag" als Projektgebühr bezahlt werden, der irgendwo im Millionenbereich liegt. Neben dem "Einmal-Invest" gäbe es später eine Nutzungsgebühr, die sich nach der Netzqualität (Bandbreite, Latenz, Priorität im Netz) richte.
Wann fahren wir autonom?
Nicht weit von Aachen, in Aldenhoven, läuft auf dem Automobil-Testgelände das erste 5G-Netz, um vernetztes bis hin zum autonomen Fahren zu testen. "Autonomes Fahren wird ohne Netz schwierig", sagt Ametsreiter und Schuh ergänzt: Die Autoindustrie wolle und könne darauf nicht warten. Deswegen bauten die Autohersteller alles in ihre Autos selber ein. Für Schuh werde das kein Durchbruch. Schuh fordert ein "Autonomous Mobility Network" samt "Luftraumüberwachung", um zu schauen, ob der Verkehr funktioniert. "Die Polizei will wissen, wo welches Auto ist." Im Moment lerne man die Grundlagen, 5G sei das Eintrittsticket in "hochautomatisiertes Fahren."