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5G: Besserer Netzausbau statt teurer Auktion

Verzichtet der Bund auf eine milliardenteure Frequenzauktion für 2,1 und 3,6 GHz Frequenzen und lässt die Mobilfunker dafür gleich ordentlich ausbauen?
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Echter Mobilfunkausbau statt teurer Lizenzen Echter Mobilfunkausbau statt teurer Lizenzen
Mobilfunkanlage in Halle-Neustadt (Bild: Telefónica o2)
Die Bundesnetzagentur plant demnächst, Frequenzen für die kommenden 5G-Netze zu versteigern, es soll dabei um Frequenzen bei 2,1 und 3,5 GHz gehen.

Der ehemalige Verkehrs- und Infrastruktur-Minister Alexander Dobrindt hatte die Vorstellung, bei dieser Auktion rund 12 Milliarden Euro einzunehmen, die dann in den Festnetzausbau gesteckt werden sollten.

Bei der heutigen Sitzung des Beirates der Bundesnetzagentur waren die drei Vorsitzenden der deutschen Mobilfunkanbieter als Gäste geladen. Sie machten in ihren Stellungnahmen deutlich, dass sie das „französische Modell“ favorisieren. Ähnlich äußerten sich in einer Presseerklärung auch die im VATM (Verband der Anbieter von Telekommunikation und Mehrwertdiensten) zusammen geschlossenen Unternehmen.

In einem Blogbeitrag bekräftigte Markus Haas, der Vorstandsvorsitzende der Telefónica Deutschland (o2), dass Deutschland einen „großen Impuls für den Breitbandausbau“ brauche. „Und eine Gesamtstrategie für den Mobilfunk, um führend bei der neuen Technologie 5G zu sein und die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu sichern.“

Eine teure Frequenzauktion mit zusätzlich wirtschaftlich unverhältnismäßigen Auflagen, so Haas weiter, konterkariere dieses Ziel. Um die weißen Flecken in Deutschlands Mobilfunknetzen zu schließen und 5G Leitmarkt werden zu können, sei ein „Mobilfunkpakt für Deutschland“ notwendig. Dies habe Haas dem für die Vergabe von Mobilfunkfrequenzen maßgeblichen Beirat der Bundesnetzagentur heute vorgeschlagen.

Deutschland liegt bei Breitbandversorgung international zurück

Echter Mobilfunkausbau statt teurer Lizenzen Echter Mobilfunkausbau statt teurer Lizenzen
Mobilfunkanlage in Halle-Neustadt (Bild: Telefónica o2)
Für eine Wirtschaftsnation sei dieser Rückstand beim Breitbandausbau ein nicht haltbarer Zustand, den auch die Politik inzwischen oben auf ihrer Agenda habe. Die Erfahrung der vergangenen Jahre habe allerdings gezeigt, dass die bisherigen politischen und regulatorischen Entscheidungen nicht zum gewünschten Netzausbau geführt hätten. Deutschland rangiere weiter im letzten Viertel bei der mobilen Breitbandversorgung.

Den Grund dafür erklären verschiedene Studien wie beispielsweise eine Analyse der GSMA: Je höher die Frequenzkosten in einem Land ausfallen, desto schlechter ist die Netzqualität. In Deutschland mussten die Mobilfunknetzbetreiber in den letzten 20 Jahren 60 Milliarden Euro allein zur Ersteigerung von Frequenznutzungsrechten aufwenden. Damit hätte sich leicht ein quasi flächendeckender Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen finanzieren lassen, so Haas. Doch in diesem Feld ist das von den Netzbetreibern an den Staat geflossene Geld nie angekommen.

Das französische Modell

In Frankreich haben sich die Mobilfunknetzbetreiber Mitte Januar freiwillig zu einem deutlich erweiterten Ausbauprogramm verpflichtet. Im Gegenzug wird die französische Regierung die Verpflichtungen beim Frequenzerwerb und die Frequenzkosten so gestalten, dass die Netzbetreiber die eingesparten Gelder direkt für die Infrastruktur ausgeben können.

Ein solches Modell ließe sich an den deutschen Markt anpassen. Beispielsweise, indem ein Teil der Nutzungsrechte, die derzeit im 2,1 und 3,6 GHz-Band zugeteilt sind, verlängert werden, anstatt sie neu zu versteigern. Haas schlägt vor, dass sich die Bundesnetzagentur, verantwortliche Politiker und alle Netzbetreiber an einen Tisch setzen und eine gemeinsame Strategie entwickeln sollten, wie im Koalitionsvertrag angedacht.

Dabei muss ein Spannungsfeld aufgelöst werden: Zwischen dem weiteren Ausbau der mobilen Breitbandnetze, den bislang horrenden Frequenzkosten, dem teilweise geforderten marktmachtunabhängigen Zugang für solche Diensteanbieter, die nicht selbst in den Netzausbau investieren möchten und dem angedachten vereinfachten Zugang zu regionalem 3,6 GHz-Spektrum.

Auch die Frage nach „National Roaming“, um die weißen Flecken zu schließen, gehöre zu dieser Thematik

Frequenzvergabe nicht überstürzen

Für Haas und seine Kollegen ist wichtig: Die Qualität des Vorgehens muss vor Schnelligkeit liegen. Das Spektrum, um das es geht, steht größtenteils ohnehin erst 2021 oder später zur Verfügung. Auch die erforderliche Hardware für 5G Sendeanlagen wird erst ab etwa 2020 massenmarkttauglich auf den Markt kommen. Damit würde es reichen, wenn die Frequenzen in 2019 bereit gestellt werden sollten. Die Zeit würde reichen, allen Beteiligten eine Chance zu geben, die beste Lösung für die digitale Zukunft Deutschlands zu finden.

Der Kommentar: Sinnvolle Überlegung

Wer damals in Mainz dabei war, als 50.000.000.000 Euro den Besitzer wechselten, erinnert sich an die Aussage von Maximilian Ardelt, dem damaligen CEO der VIAG-Interkom (heute Telefónica o2). „Das ist ja Wahnsinn, das wird Folgen für unsere Enkel haben.“ Und das hat es, laut Insidern, bis heute. Das viele Geld für Lizenzen fehlt den Unternehmen, um zusätzliche Sender und moderne Netztechnik aufzubauen. Selbst wenn die Einnahmen aus einer Auktion zu 100 Prozent in den Netzausbau gesteckt würden, die bürokratischen Hürden, das Geld neu auszuteilen, verursachen Reibungsverluste. Was gebraucht wird, ist ein Pakt mit ganz klaren Vorgaben zum Netzausbau und zur Netzqualität. Das Ziel muss ein flächendeckender Ausbau mindestens da sein, wo Menschen leben oder sich regelmäßig aufhalten (beispielsweise ein Ausflugsgebiet) sein, wenigstens per Mobilfunk idealerweise auch per terrestrischer Leitung, denn die Sendestationen müssen ja auch mit Signalen versorgt werden.

Wenn es hier gelingt, klare Vorgaben und Zusagen zu machen, das ganze wirksam zu kontrollieren und notfalls auch zu sanktionieren (wer nicht richtig ausbaut, muss mit ernsten Konsequenzen rechnen), hätten am Ende alle Beteiligten gewonnen.

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