Hintergrund

Bessere Sprachqualität: CAT-iq soll DECT ersetzen

Die Einstiegshürde für den neuen Standard könnte WLAN sein
Von Frank Ihde

CAT-iq ist ein neuer Standard für schnurlose Endgeräte und deren Sendestationen im Heimanwender-Bereich und soll den bisherigen Standard DECT ablösen. Während DECT aber als reiner Telefonie-Standard verwendet wird, bietet CAT-iq neben der stark verbesserten Audioqualität beim Telefonieren die Möglichkeit zur Datenübertragung und damit auch die Anbindung ans Internet. Dadurch können in Zukunft CAT-iq-fähige Endgeräte zu kleinen Multimedia-Gadgets für zu Hause werden. Allerdings hat sich in diesem Anwendungsbereich schon der WLAN-Standard etabliert, so dass es sicher einiger Anstrengungen der Hersteller bedarf, diese neue Technik zu vermarkten. Als einer der ersten Anbieter hat Siemens zwei Endgeräte im Programm. AVM bietet eine CAT-iq-fähige Version (Beta-Version im FRITZ!Labor) der Firmware für die FRITZ!Box Fon WLAN 7270 an.

CAT-iq setzte auf DECT auf

Siemens Gigaset S685 IP
Foto: Siemens
CAT-iq steht für "Cordless Advanced Technology - Internet and Quality" und wurde von der ITU [Link entfernt] im Dezember 2006 ins Leben gerufen. Vorangetrieben wird CAT-iq durch das DECT Forum, in dem alle größeren Produzenten von Endgeräten und Chiphersteller vertreten sind. Im Anhang des Kürzels ("iq") stecken schon zwei der wesentlichen Merkmale des neuen Schnurlos-Standards: Zum einen das Internet, also Datenübertragung direkt zum Endgerät, und zum anderen die verbesserte Qualität, was sich auf die Sprachübertragung (HD-Audio) bezieht.

Technisch gesehen setzt CAT-iq auf den DECT-Standard auf. Es wird dasselbe Frequenzband im Bereich um 1,9 GHz verwendet. Damit ist CAT-iq auch abwärtskompatibel zu DECT. Ein gleichzeitiger Betrieb von Sendestationen beider Techniken im selben Raum führt jedoch zu Störungen.

Die treibende Kraft - Das DECT Forum

Das DECT Forum teilt den Heimanwender-Bereich in drei so genannte Schlüsselanwendungen auf. Dazu zählen "Musik und TV (Internet Radio, IPTV)", "Telefonie und Breitband (unter anderem DECT, DSL und VoIP)" sowie "PC und Gaming". Schwerpunkt bei CAT-iq soll natürlich die Kategorie "Telefonie und Breitband" sein, aber eine Überschneidung mit den beiden anderen Anwendungsgebieten wird ebenfalls angestrebt. Die Realisierung von CAT-iq erfolgt in drei Stufen: Stufe 1 definiert nur Breitband-Audio über die Codecs G.726 (bis 40 kBit) und G.722 (bis 64 kBit), Stufe 2 zusätzlich das Streaming von Audio- und Internetdaten, und Stufe 3 mit weiteren Leistungsmerkmalen.

Übertragung von Sprache

AVM FRITZ! Mini
Foto: AVM
Für die verbesserte Übertragung von Sprache finden sich bei CAT-iq verschiedene Begriffe wie Wideband Audio, HD-Audio oder bei Siemens das Kürzel HDSP (High Definition Sound Performance). Dahinter steckt im Prinzip eine verdoppelte Bandbreite bei der Übertragung der digitalen Sprachdaten. Während es bei DECT noch 32 kBit (etwa 3,1 kHz Bandbreite für Sprache) sind, werden bei CAT-iq 64 kBit (etwa 7 kHz Bandbreite) benötigt. Bei Verwendung eines üblichen 1-MBit/s-ADSL-Anschlusses tritt hierbei das Problem auf, dass aufgrund der Asymmetrie für den Datenversand des Nutzers (Upload) nur eine Bandbreite von 128 kBit/s zur Verfügung steht. Das bedeutet, dass in diesem Fall nur maximal zwei Gespräche gleichzeitig möglich sind; entsprechend mehr natürlich dann bei höheren Upload-Raten.

Endgeräte und Gateways

Das weltweit erste CAT-iq zertifizierte Gerät war das Gigaset S675 IP. Es wurde im vergangenen Dezember von Siemens vorgestellt. Frühe Geräte wie dieses nutzen nur die verbesserten Audio-Fähigkeiten von CAT-iq. Inzwischen ist auch ein Nachfolger, das Gigaset S685 IP erhältlich, beide Geräte kosten rund 140 Euro. Diese beiden Geräte sind laut den Angaben auf der Website www.cat-iq.org im Moment die einzigen für offiziell für CAT-iq zertifizierten Endgeräte.

Einen kleinen Vorgeschmack darauf, wie ein Endgerät mit zusätzlichen Datenfeatures aussehen könnte, gibt das FRITZ! Mini von AVM, das rund 90 Euro kostet: Neben der verbesserten Audio-Qualität bietet es Datenfeatures wie E-Mail, Audio-Streaming (MP3) oder Nachrichten per RSS-Feed direkt am Endgerät, ohne dass man einen PC dafür einschalten muss. Allerdings handelt es sich beim FRITZ! Mini um ein WLAN-Endgerät, also quasi ein Konkurrenzprodukt zum CAT-iq Standard.

AVM bietet auch erste CAT-iq-fähige Gateways in Form einer erweiterten Firmware für die FRITZ!Box Fon WLAN 7270 an. Denn ohne Gateway ist auch das beste Endgerät "sprachlos", schließlich braucht man für eine komplette Verbindung auf beiden Seiten sowohl einen CAT-iq-Gateway und ein CAT-iq-Endgerät.

CAT-iq versus WLAN

AVM FRITZ!Box Fon WLAN 7270
Foto: AVM
Wie man schon am Beispiel des FRITZ! Mini sieht, wären auch alle Features von CAT-iq mit dem bereits etablierten WLAN-Standard machbar. Das DECT-Forum hebt jedoch Nachteile des WLAN-Standards hervor: WLAN habe mit knapp 15 Metern nur die Hälfte der Reichweite von DECT. WLAN-Endgeräte wiesen zudem einen höheren Strombedarf und damit kürzere Akkulaufzeiten auf. Außerdem seien die Sicherheitsmechanismen bei WLAN nicht zuverlässig, und eine durchgängige Datenverbindung mit geringer Latenz sei nicht immer garantiert. Und schließlich seien WLAN-Endgeräte für den Massenmarkt zu teuer.

Diese Argumentation ruft jedoch Zweifel hervor. WLAN hat mit WPA2 eine recht gute Verschlüsellungstechnik, und auch das Kostenargument wird durch den Vergleich von FRITZ! Mini und Siemens S675 IP widerlegt. Außerdem hat WLAN einen weiteren großen Vorteil: Es hat im Markt einen Vorsprung von einigen Jahren, die erforderlichen Gateways (FRITZ!Box) sind bereits in vielen Haushalten vorhanden . CAT-iq ist hingegen schon vom Begriff her so gut wie unbekannt. Es sind also noch erhebliche Marketinganstrengungen notwendig, um die Technik massenmarkttauglich zu machen.

Weitere Ratgeber-Artikel zu Schnurlos-Telefonen