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Anonyme Handy-Telefonate mit getauschten SIM-Karten

Teilnehmer sollten aber mögliche Folgen bedenken
Von Björn Brodersen mit Material von dpa

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung bietet seit heute eine Tauschbörse für Prepaid-Handykarten an. Damit wollen die Betreiber die Registrierungspflicht für Handykarten, die der Arbeitskreis für verfassungswidrig hält, umgehen. Teilnehmer können auf diese Weise anonym mit dem Handy telefonieren, beispielsweise um vertrauliche Beratungen in Anspruch zu nehmen, ohne später befürchten zu müssen, dass andere von diesen Anrufen erfahren - beispielsweise durch Zugriff von Behörden. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung betont, dass der Tausch von SIM-Karten legal ist.

Um an der Tauschbörse teilzunehmen, senden Interessenten eine mit mindestens 10 Euro aufgeladene, freigeschaltete Prepaid-SIM zusammen mit der zugehörigen Rufnummer und PIN und einem frankierten Rückumschlag an den Arbeitskreis. Nach wenigen Tagen soll der Teilnehmer dann eine andere, ebenfalls mit 10 Euro aufgeladene Handykarte mitsamt Rufnummer und PIN-Code zurückgesandt bekommen. Mit dieser Karte kann er nun telefonieren, ohne dass die eigenen Personalien bei dem Anbieter gespeichert sind. Auch der Arbeitskreis protokolliert nach eigener Aussage keinerlei Daten der Tauschpartner. Eine Identifizierung des Handy-Nutzers ist jedoch noch über die Gerätenummer des Mobiltelefons möglich, die laut den neuen Bestimmungen zur Datenspeicherung bei Telefon- und Internetverbindungen erfasst werden muss.

Später Missbrauch mit getauschter Handy-Rufnummer möglich

Die Initiatoren der Handykarten-Tauschbörse geben allerdings auch zu bedenken, dass ein anderer Teilnehmer die zum Tausch eingesandten SIM-Karte missbräuchlich nutzen kann. Dies könne im Extremfall dazu führen, dass ein Teilnehmer zu Unrecht in den Verdacht einer Straftat komme. Zur Sicherheit erhalten die SIM-Karten-Tauscher von den Betreibern eine Bestätigung, dass sie Ihre alte Handykarte eingetauscht haben und dass die Karte an eine zufällige Person weiter versandt wurde. Weiterhin kann man nach einem SIM-Karten-Tausch die Kundendienstleistungen seines Anbieters nicht wahrnehmen und muss damit rechnen, dass Freunde und Bekannte auf der weitergegebenen Rufnummer anrufen. Interessierte sollten auch darauf achten, dass ihr Handy kein SIM- oder Net-Lock besitzt, so dass die Prepaid-Karten in jedem Fall mit diesem Mobiltelefon genutzt werden können.

Rechsexperten warnen auch vor rechtlichen Risiken, denn auch nach einem Tausch besteht der Vertrag mit dem Mobilfunkanbieter weiter. "Als derjenige, der die Karte wegschickt, hafte ich persönlich, wenn etwas passiert", sagte Rechtsanwalt Jürgen Weinknecht [Link entfernt] aus Itzehoe. Die Folge: Wenn der neue Besitzer einer Karte eine Straftat begeht, könne der registrierte Kunde der Beihilfe angeklagt werden. Die Haftung gelte auch für zivilrechtliche Angelegenheiten, betonte der Spezialist für IT- und Medienrecht.

Betreiber: "Recht auf anonyme Telefonate"

"Jeder hat ein Recht auf anonyme Kommunikation", begründet dagegen Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung das neue Angebot. "Es ist selbstverständlich, dass man Menschen anspricht, ohne seinen Namen zu nennen, und Briefe versenden kann, ohne einen Absender anzugeben." Die Tauschbörse soll nun auch Handy-Nutzern wieder die Möglichkeit bieten, anonym zu telefonieren. Die Verwendung getauschter Handykarten schütze vor Missbrauch der eigenen Daten, vor Datenpannen und vor der ausufernden Neugier des Staates. Polizei, Zollfahndung, Geheimdienste, Finanzdienstleistungsaufsicht und Zoll hätten einen Online-Zugriff auf Name, Anschrift und Geburtsdatum der Rufnummerninhaber, über 1 000 Behörden seien abfrageberechtigt.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern, der die Arbeit gegen die Vollprotokollierung der Telekommunikation koordiniert. Weitere Informationen zur Kartentauschbörse finden sich im Internet.

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