Schere

René Obermann: Kosten runter, Service rauf

Weiterer Kundenschwund im Festnetz unvermeidbar
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Mit klaren Worten analysierte der neue Telekom-Chef René Obermann auf der Euroforum-Konferenz Telekommarkt Europa die Situtation des Konzerns. Zwar ist von 1996 bis 2006 der Umsatz von 32 auf 61 Milliarden Euro gestiegen, das EBITDA aber nur von 16 auf 19 Milliarden Euro. Da zudem durch teure Unternehmens- und Lizenzkäufe große Mengen an Kapital gebunden ist, ergibt sich eine sehr schlechte Kapitalverzinsung von nur 6 Prozent. Diese soll wieder gesteigert werden.

In Deutschland basiert die Strategie der Telekom auf mehreren Säulen: Senkung der Kosten, Verbesserung des Service, höhere Integration der Produkte, einheitlicherer Markenauftritt der Telekom-Marken, aber auch der Schaffung einer nicht mit der Telekom assoziierten Zweitmarke im Billigbereich. Dennoch wird die Telekom nicht verhindern können, dass der Umsatz mit Festnetzanschlüssen weiter zurückgehen wird. Zumindest kurzfristig geht Obermann davon aus, dass sich dieser Rückgang nicht durch Zuwächse im Breitbandbereich ausgleichen lässt.

Die Preisdynamik kennt der Einschätzung des Telekom-Chefs zufolge derzeit nur eine Richtung, nämlich nach unten. Höhere Preise ließen sich weder für Telefonanschlüsse noch für Mobilfunkminuten am Markt durchsetzen. Deswegen seien Kostensenkungen unumgänglich. Schon dieses Jahr sollen 2 Milliarden Euro eingespart werden, bis 2010 sollen es 4,2 bis 4,7 Milliarden Euro jährlich sein. Diese werden sowohl bei den Personal- als auch den Sachkosten angestrebt.

Große Potenziale sieht Obermann durch die "Mobilisierung des Internet". Mobile Datendienste hätten in einschlägigen Zielgruppen bereits Einzug gehalten, müssten aber bezüglich Stabilität und Verfügbarkeit noch verbessert werden. Als wesentlichen Schritt nannte er hier die allgemeine Einführung von EDGE im Netz von T-Mobile. Auch an der Kostensituation müsse noch gearbeitet werden, bevor die Produkte massenmarkttauglich seien - das Budget der derzeitigen geschäftlichen Nutzer sei hier deutlich weniger eingeschränkt als das von Privatkunden.

Regulierung zurückfahren

Wie sein Vorgänger Kai-Uwe Ricke sieht Obermann auch die zunehmende Regulierung als wirtschaftliche Einschränkung. Konkret sprach er davon, dass die Telekom als einziger Anbieter in Europa derzeit den flächendeckenden Ausbau mit Breitband-Internet über gewöhnliches DSL/ADSL2+ hinaus vorantreibt. Zwar gebe es beispielsweise in Frankreich Aktivitäten mit fibre-to-the-home, doch seien dieses stark regional begrenzte Pilot-Versuche.

Im Gegenzug zu den erheblichen Pionier-Investitionen in VDSL - bis 2008 soll das neue Hochgeschwindigkeitsnetz in 50 Städten verfügbar sein - würde die Telekom aber erwarten, diese Investitionen "vernünftig amortisieren zu können", und hier nicht durch ex-ante-Regulierung eingeschränkt zu werden. Würde Europa weiterhin beim strengen Regulierungsregime bleiben, würde dieses technologisch zurückfallen. Schon heute seien die Pro-Kopf-Investitionen in Telekom-Infrastruktur in den USA oder Japan und Korea höher als in Europa.

Nicht nur im Festnetzbereich kritisierte Obermann die Regulierung: Wenn man überhaupt eine Regulierung des Roaming durchführe, hätte man dieses nicht, wie geschehen, auf Basis der Endkundenpreise vornehmen sollen, sondern auf der Vorleistungsebene.

Wachstum aus dem Ausland

Während die Telekom hierzulande ein Abwehrgefecht führt, soll sie im Ausland weiter wachsen. Dazu sollen Mobilfunkdienste künftig in noch mehr Ländern angeboten werden. Insbesondere in Ländern mit weniger gut entwickelter Infrastruktur könnten auch Netze aufgebaut werden, die nicht auf Sprache, sondern auf Datendienste optimiert sind. Auch wenn er keine konkrete Technologie nannte, dürfte sich Obermann hier insbesondere auch auf WiMAX bezogen haben.

An den bisher nicht sonderlich profitablen Beteiligungen in den USA und in Großbritannien hält der Telekom-Chef dennoch fest. Für Großbritannien hofft er, dass sich der Markt mit derzeit fünf verschiedenen Netzwerken konsolidieren wird, und auch der Regulierer die Notwendigkeit dazu erkennen und dann den entsprechenden Fusionen auch seine Zustimmung geben wird. In den USA erwartet er steigende Profitabilität durch weiteres Wachstum - auch und gerade über die "eine SIM-Karte pro Kunde"-Marke hinaus, da dort Datendienste schon heute einen hohen Anteil hätten.