Dauerkommer

Das Videotelefon als Dauerflop

Zukunftsforscher richtet Blick auch in die Vergangenheit
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Matthias Horx vom Zukunftsinstitut Horx GmbH aus Wien wagte zur Einführung der Euroforum-Konferenz Telekommarkt Europa eine harte, negative Prognose: "Das Videophon bleibt ein Flop". Als Beweis führte er an, dass die Idee des Videotelefons bereits 1877 in künstlerischen Illustrationen auftaucht. Diverse Einführungsversuche in der Vergangenheit - etwa Vorstellungen auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin oder eine teure Werbekampagne der Deutschen Telekom für ISDN-Videotelefone - floppten jedoch allesamt. So bleibt das Videophon ein "running gag", eine Technologie, deren Durchbruch für die nächsten 10 Jahre vorhergesagt wird, der aber nie eintritt.

Einer der Gründe für den Misserfolg des Videophons sei, dass es die Komplexität der Kommunikation enorm erhöht. Zudem diene Kommunikation in vielen Fällen der Organisation von Distanz, so dass die höhere gefühlte "Nähe" bei gemeinsamer Bild- und Sprachkommunikation eher kontraproduktiv sei. Nur in wenigen Märkten, in denen die gesellschaftliche Struktur geeignet sei, würde das Videotelefonieren auch etwas intensiver genutzt. Als Beispiele nannte Herr Horx die Innenstadt von Tokio, wo das Auto wegen Platzmangel als Statussymbol ausfalle und folglich das Handy mit den allerneuesten Funktionen einen wesentlich höheren Stellenwert habe. Ein weiteres Beispiel seien bestimmte Gebiete Italiens, in denen eine andere Flirtkultur vorherrsche.

Auf seine provokative Frage: "Wer wettet dagegen, dass das Videophon ein Flop bleibt" meldete sich keiner der über 100 Kongressteilnehmer.

Handy-TV: ebenfalls Flop-gefährdet

Nicht nur das Videophon, auch das Handy-TV wird nach Ansicht von Herrn Horx ein Nischenprodukt bleiben. Grund seien auch hier soziale Gewohnheiten: Im heimischen Wohnzimmer, dem modernen Nachfolger der Höhle, übernehme der flimmernde Fernseher die Rolle des Lagerfeuers. Er markiert den Platz, an dem sich alle versammeln. Dem TV-Handy fällt es hingegen schwer, eine vergleichbare Rolle einzunehmen, es sei denn, es würde sich auch sonst die Infrastruktur stark ändern, etwa Fernsehräume in Flughäfen eingeführt werden. Auch hier gilt, dass es portable Fernseher schon lange gibt, diese sich bis heute aber nie durchgesetzt hätten. Hinzu komme die problematische aktuelle Situation dieses Mediums: "Das Fernsehen zerlegt sich selbst". Immer höhere Komplexität und das Aufgehen im Internet werden diesem langfristig den Garaus bereiten.

Positiv bewertete Herr Horx jedoch die Innovation des iPhone von Apple. Dieses werde mit seiner Bedienoberfläche neue Maßstäbe setzen. Bei den Tk-Unternehmen werden vor allem diejenigen gute Chancen haben, die guten Service bieten, und zugleich die Komplexität für den Endkunden stark reduzieren.