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Editorial: So nicht!

Gleichmacherei der EU-Roaming-Regulierung hilft niemanden
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Die FDP fühlt sich an die "Preispolitik im Sozialismus" erinnert, Strand Consulting sieht gar das nächste Monopol am Horizont: Die EU ist drauf und dran, beim internationalen Roaming den Markt auszuschalten und einen Einheitspreis festzusetzen. Das kann nicht gut gehen.

Immerhin ist der neue, vom europäischen Parlament geforderte Preis von 40 Cent pro Minute (wohl zuzüglich Mehrwertsteuer, also faktisch dann 47,6 Cent) besser als die bisher anvisierten 50 Cent, die ich bereits früher deutlich kritisiert hatte, weil vor allem Roaming-Vielnutzer kaum oder gar nicht profitieren. Doch auch der neue Ansatz ist meilenweit von wirklich marktgerechten Preisen entfernt, und zwar sowohl nach oben als auch nach unten.

Mit Prepaid-Karten selbst im Inland hohe Preise

Beispiel Prepaid-Karten-Nutzer: Die Netzbetreiber verkaufen immer noch massenhaft Prepaid-Karten in den Tarifen, die man am besten mit "Ich will vor allem erreichbar sein und im Notfall mal telefonieren können" umschreibt. Die Minutenpreise betragen dort schon im Inland bis zu 59 Cent pro Minute für Telefonate in Fremdnetze. Bei älteren Karten sind die Preise teilweise sogar noch höher. Trotz dieser hohen Preise machen die Netzbetreiber mit diesen Karten nur wenige Euro Umsatz im Monat. Die Kunden wissen, dass das Telefonieren damit teuer ist, und nutzen sie eben nur, wenn es gar nicht anders geht. Keiner der Kunden erwartet, mit diesen Karten künftig billiger von Spanien nach Deutschland telefonieren zu können als von Deutschland nach Deutschland.

Beispiel intensiver Mobiltelefonierer: Dieser zahlt für eine der zahlreichen verfügbaren Flatrates für Telefonate vom Handy zum Festnetz ca. 10 bis 20 Euro im Monat. Bei 250 bis 500 Gesprächsminuten im Monat entspricht das einem Preis 4 Cent pro Minute. Warum sollen dieselben Telefonate vom Nachbarland aus nun nach EU-Vorstellung mit dem mehr als zehnfachen Preis plötzlich angemessen bepreist sein, obwohl der technische Aufwand kaum höher ist? Ebenso führt die geplante Roaming-Regulierung zu der Absurdität, dass zwei Geschäftspartner A und B, die sich im Heimatland von A treffen, bei hierzulande üblichen Tarifmodellen für einen Anruf von A zu B künftig viel mehr zahlen müssen als für einen Anruf von B zu A.

Dem internationalen Vieltelefonierer wird durch die neue Regelung also nicht wirklich weitergeholfen, während die Tatsache, dass für bestimmte Kundengruppen künftig Gespräche aus dem Ausland günstiger sind als solche aus dem Inland, für gerichtliche Angriffsfläche sorgt. Am Schluss könnte deswegen sogar die gesamte Roaming-Verordnung kippen.

Zudem halst sich das Parlament mit der Initiative regelmäßigen Nachbesserungsbedarf auf: Preise, die diesen Sommer von den Politikern als angemessen empfunden werden, werden es in ein bis zwei Jahren nicht mehr sein. Die Minutenpreise rutschen im Mobilfunk derzeit mit über 10 Prozent pro Jahr, und ein Ende dieses Trends ist nicht in Sicht. Was heute noch 40 Cent kostet, dürfte in zwei Jahren somit bei 30 Cent angekommen sein.

Regulierung notwendig, aber bitte mit bewährten Prinzipien

Besser wäre es daher, die schon bewährten Regulierungsprinzipien freie Netzbetreiberwahl und Zugangsverpflichtung auf Vorleistungsebene einfach auch auf internationale Handy-Telefonate anzuwenden. Dieses betrifft dann sowohl das klassische Roaming (also Telefonate im Ausland), als auch Telefonate ins Ausland, denn auch dort sind die Preise derzeit bei der Mehrzahl aller Verträge und Prepaid-Karten stark überhöht. Kunden, die sparen wollen, könnten bei diesem Modell ihren Roaming-Betreiber also künftig per Call by Call oder Pre-Selection frei wählen. Die Festlegung der jeweils der Marktsituation gerechten Interconnect-Entgelte wäre dann den jeweiligen nationalen Regulierungsbehörden bzw. Netzagenturen vorbehalten. Und deren Festsetzungen kennen im Mobilfunkbereich derzeit nur eine Richtung: stark nach unten.

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