vervielfacht

Editorial: Mobile Fallensteller

Wer Vielnutzer über Maßen bestraft, bekommt gar keine Nutzer
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Es ist auf den ersten Blick ein sehr faires Angebot, welches o2 auf der CeBIT für den mobilen Internetzugang vorgestellt hat. Für 10 Euro monatlich kann man deutschlandweit 200 Megabyte oder alternativ in der Homezone gar 1 000 Megabyte übertragen. Wer mehr will, zahlt 25 Euro für 5 000 Megabyte deutschlandweit.

Preislich sind diese Tarife attraktiv und zumeist deutlich günstiger als die der Konkurrenz. Die Mindestlaufzeit von nur drei Monaten ermöglicht es auch, den mobilen Internetzugang für überschaubare Kosten auszuprobieren und gegebenenfalls wieder zu kündigen, wenn man ihn doch nicht will.

Das 200-MB-Paket kostet monatlich weniger als 100 SMS, ermöglicht aber den Versand und Empfang von Abertausenden von E-Mails und den Abruf ebenso vieler WAP- und PDA-Seiten. Die 1 000 MB in der Homezone reichen bei moderater Nutzung gar als DSL-Ersatz, die 5 000 MB sind sowieso als "DSL zum Mitnehmen" gedacht.

Doch hat die Sache einen Haken: Reicht das Volumen mal doch nicht, langt o2 mit 15 Cent (in der Homezone) bzw. 50 Cent (unterwegs) richtig zu. Werden aus dem einen Gigabyte dank eines Besuchs auf einem Videoportal doch mal zwei, dann kostet das 150 Euro extra. Wählt man das große Paket und nutzt es auch unterwegs, dann vervierzigfachen sich die Kosten, wenn man sieben statt fünf Gigabyte überträgt, entsprechend 40 Prozent zuviel.

Bessere Lösungen wären verfügbar

Derartige Kostenexplosionen können nur eins bewirken: Nutzer surfen mit diesen Tarifen ständig mit einem unguten Gefühl oder eben gar nicht. Der durchschnittliche Bundesbürger kommt doch schon mit "Bit" und "Byte" durcheinander, wie soll er dann regelmäßig prüfen können, ob sein Verbrauch noch innerhalb des Volumens liegt oder nicht, zumal dann, wenn mitten im Monat beginnende und endende Abrechnungszeiträume die genaue Protokollierung erschweren, oder er gar mehrere Endgeräte (etwa Handy für WAP und E-Mail und Laptop mit Datenkarte für den mobilen Internetzugang) einsetzt? Die Multicard von o2 ist ja diesbezüglich ganz praktisch.

o2 kann auch nicht behaupten, das Kostenexplosions-Problem nicht zu kennen. Die Konkurrenten von o2 haben auf vergleichbare Kritik in der Vergangenheit bereits fair-flat-Modelle eingeführt, bei denen das Zusatzvolumen erst ab dem dritten Monat berechnet wird. Für Geschäftskunden hatte o2 letzten Sommer bereits ein vergleichbares Tarifmodell eingeführt. Kunden, die per Rechnung entsprechend vor Volumenüberschreitung gewarnt werden, haben dann immerhin die Chance, ihr Surfverhalten anzupassen oder auf ein größeres Paket umzusteigen.

Das allerfairste Modell hat unterdessen der Netzbetreiber one in Österreich eingeführt: Erreicht man das Limit des jeweiligen Pakets (250 MB für 10 Euro, 1 Gigabyte für 20 Euro, 20 Gigabyte für 50 Euro) wird bis zum Ende des zugehörigen Abrechnungszeitraums die Geschwindigkeit für weitere Datenübertragungen einfach auf 56 kBit/s reduziert. Die im "Bremsmodus" übertragenen weiteren Daten sind hingegen kostenfrei. Will man wieder mit vollem Tempo weitersurfen, kann man für 5 Euro ein weiteres Paket in Größe des ursprünglichen Pakets nachbuchen. Dieses ist bis zu fünf Mal im Abrechnungszeitraum möglich.

Ebenso zu begrüßen ist die Ankündigung von T-Mobile, ein monatliches Limit für die Datennutzung einzuführen. Dieses sollte möglichst vom Kunden konfigurierbar sein.

Am allerbesten - und für die Anbieter am einfachsten zu implementieren - wären Tarife, die gar nicht erst extreme Kostenexplosionen zulassen. Wer schon 25 Euro für fünf Gigabyte bezahlt hat, ist sicher auch bereit, 5 oder maximal 10 Euro für das nächste Gigabyte zu zahlen. Aber 500 Euro sind hier einfach zu viel! Und so lange die Falle droht, werden viele Nutzer der Falle aus dem Weg gehen, indem sie eben mobile Daten nicht oder nur äußerst eingeschränkt benutzen.

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