Abmahnfalle

Telemediengesetz: Ärger mit dem Kleingedruckten

Im neuen Telemediengesetz werden mobile Dienste wieder nicht berücksichtigt
Von Marie-Anne Winter

Die Vorschriften werden strenger, die Sanktionen schärfer: Nach dem neuen Telemediengesetz (TMG) müssen kommerzielle Anbieter von Telemedien gleich ein ganzes Paket von Pflichtinformationen mitteilen. Bei Nichteinhaltung drohen Bußgelder und Abmahnungen. Doch der Ärger mit dem Kleingedruckten ist schon programmiert. "Die mobilen Dienste wurden im TMG wieder nicht berücksichtigt und in ihren technischen Besonderheiten nicht gewürdigt", kritisiert M-Commerce-Rechtsexperte Dr. Michael Schriek aus der Dortmunder Kanzlei Apel-Höch. Dabei gewinnen gerade Handy-Downloads, mobiles Internet und SMS-Dienste immer weiter an Bedeutung.

Die Liste der TMG-Vorschriften ist lang. Sie reicht vom klassischen Impressum bis hin zu neuen Kennzeichnungspflichten für kommerzielle E-Mails. Nach dem gerade erst veröffentlichen Gesetzesentwurf darf der kommerzielle-Charakter einer E-Mail zum Beispiel weder in der Betreff- noch in der Kopfzeile verschleiert werden. Das Impressum muss "leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar" sein. Das gilt natürlich nicht nur fürs klassische Internet (E-Commerce), sondern auch für Anbieter von mobilen Diensten (M-Commerce). Doch Theorie und Praxis klaffen an diesem Punkt weit auseinander. Handy-Displays sind einfach zu klein, um alle relevanten Informationen darzustellen. Noch drastischer wird es für reine SMS-Dienste, da die Kurznachrichten auf maximal 160 Zeichen beschränkt sind. Das entspricht in der Regel gerade einmal zwei Sätzen. Die Situation wird sogar noch verschärft, wenn weitere Pflichtinformationen, die Anbieter von E-Commerce- und M-Commerce-Diensten nach dem Verbraucherschutzrecht erteilen müssen, hinzugezogen werden. Das sind zum Beispiel Widerrufsbelehrungen oder Datenschutzhinweise.

Vorbild Österreich

Was ist zu tun? "Technisch sind die Probleme kaum zu lösen", sagt Dr. Michael Schriek. Rechtssicherheit könne deshalb nur von der juristischen Seite kommen. Das Vorbild ist in diesem Fall Österreich. Dort wurden die wesentlichen Inhalte des in Deutschland diskutierten Telemediengesetzes, das im Wesentlichen auf europäischen Vorgaben beruht, bereits umgesetzt. Mit zwei entscheidenden Hinweisen. Erstens: Das in Österreich so genannte ECG-E-Commerce [Link entfernt] -Gesetz ist laut der Gesetzesbegründung ausdrücklich auch auf mobile Dienste anwendbar. Zweitens: In Sachen Anbieterkennzeichnung wurde darauf hingewiesen, dass Anbieter von mobilen Diensten aus Platzgründen auf ihre stationäre Homepage verweisen dürfen. Dort müssen dann allerdings alle Pflichtinformationen übersichtlich aufgeführt werden.

Das Modell Österreich könnte laut Dr. Schriek mit anwaltlicher Hilfe auch auf Deutschland übertragen werden. Doch die Zeit drängt. Schriek: "Es kann sein, dass auch bei mobilen Diensten schon bald die ersten Abmahnwellen anrollen." Die Gefahren sind nicht zu unterschätzen. Nach Ansicht des Dortmunder Spezialanwalts, der sich als einer der ersten mit rechtskonformen Lösungen für mobile Dienste beschäftigt hat, sind schon die klassischen Internet-Auftritte vieler kommerzieller Anbieter zweifelhaft. "Nur ein Bruchteil der Homepages ist tatsächlich abmahnsicher", schätzt Dr. Schriek. Beim M-Commerce sind die Zahlen wohl noch dramatischer. Auch der technische Fortschritt wird die Probleme nicht lösen können. "Trotz Laptop, PDA und Smartphone - es wird immer auch Handys im Pocketformat geben."

Um so hilfreicher wäre es, wenn der Gesetzgeber klare Hinweise erteilen würde. Denn selbst beim klassischen E-Commerce sind die auch auf den M-Commerce anwendbaren rechtlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen nicht immer aus sich heraus verständlich. Dr. Schriek: "Um abmahnsichere Lösungen zu erarbeiten, sind genaue Kenntnisse der Gesetzessystematik und der Rechtsprechung erforderlich."