"Atomkrieg"

Hintergrund: Der Patentkrieg des Steve Jobs

Tim Cook: Apple darf nicht unentgeltlicher Entwickler für die ganze Welt werden
Von dpa / Ralf Trautmann

2007: Steve Jobs präsentiert das iPhone 2007: Steve Jobs präsentiert das iPhone
Foto: dpa
"Junge, haben wir das patentiert!", rief Steve Jobs aus, als er der Welt Anfang 2007 das erste iPhone präsentierte. Der Apple-Gründer grinste dabei, doch die Warnung an die Konkurrenz war unüberhörbar. Damals wurde das Apple-Telefon mit seinem großen Bildschirm statt der üblichen vielen Tasten von vielen Rivalen zunächst belächelt. Doch schon wenig später wurde klar, dass das iPhone die Mode in der Smartphone-Branche vorgibt. Und Steve Jobs ärgerte sich: Er fand, dass zu viele Geräte der Konkurrenten zu viele Ähnlichkeiten mit dem iPhone aufwiesen.

2007: Steve Jobs präsentiert das iPhone 2007: Steve Jobs präsentiert das iPhone
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Besonders der Vormarsch des Google-Betriebssystems Android war dem temperamentvollen Apple-Chef ein Dorn im Auge. "Ich werde Android zerstören, weil es ein geklautes Produkt ist", wetterte er laut der im vergangenen Jahr erschienenen Biografie und drohte mit einem "Atomkrieg". Es folgten Klagen gegen Android-Hersteller wie Samsung, Motorola oder HTC. Sie klagten im Gegenzug mit eigenen Vorwürfen, ein regelrechter Patentkrieg brach aus. Jobs starb im vergangenen Oktober, sein Nachfolger Tim Cook führte den Kampf weiter, wenn auch betont etwas widerwillig.

Apple-Patentkrieg: Duzende Klagen und Gegenklagen

Inzwischen gab es Dutzende Klagen und Gegenklagen, viele Urteile und Berufungsverfahren, wohl einige hundert Millionen Dollar an Anwaltskosten sowie diverse Einschränkungen für die Verbraucher. Jetzt hat Apple nach vielen kleinen Nadelstichen erstmals einen wirklich schweren Treffer gelandet: Ein Geschworenengericht in Kalifornien stellte auf breiter Front mutwillige Patentverletzungen durch Samsung fest und sprach Apple mehr als eine Milliarde Dollar Schadenersatz zu. Alle Vorwürfe der Südkoreaner an Apple wurden von den neun Geschworenen hingegen abgeschmettert. Apple-Chef Cook sprach von einem Sieg für Apple-Werte wie Originalität und Innovation.

Das Urteil in San Jose fiel wenige Kilometer vom Apple-Hauptquartier in Cupertino entfernt genau am ersten Jahrestag der Machtübergabe von Jobs an Cook. Ob es am Ende eine Vorentscheidung in dem Konflikt bringen wird und schließlich den Weg zu einer Einigung ebnet, ist unklar. Der Sprecher der Geschworenen sagte Zeitung "San Jose Mercury News", sie hätten auch ein Signal an die ganze Branche senden wollen, dass Patentverletzungen nicht rechtens seien.

Symbolischer Makel: Nachahmer statt Innovator

Samsung erklärte sofort, das letzte Wort in diesem und anderen Verfahren sei noch nicht gesprochen. Eine Milliarden-Zahlung ist für Samsung zwar schmerzhaft, aber verkraftbar. Die Geräte, um die es in der im Frühjahr 2011 eingereichten Klage ging, spielen in der schnelllebigen Mobilfunk-Branche kaum noch eine Rolle. Die von Apple ins Feld geführten Patente hat Samsung in neueren Modellen umschifft. Und ein Berufungsverfahren kann sich lange hinziehen und am Ende ein ganz anderes Ergebnis bringen.

Schwerer wiegt jedoch der symbolische Makel: Samsung will als Innovator wahrgenommen werden. Die neun Geschworenen haben den weltgrößten Smartphone-Hersteller stattdessen als Nachahmer gebrandmarkt. Das tut weh. Außerdem hat der Fall auch anderen Herstellern demonstriert, dass es durchaus möglich ist, erfolgreich Patentansprüche gegen einen Konkurrenten vor Gericht durchzusetzen. Es erfordert zwar viel Geld und Geduld - aber Apple hat beides.

Samsung und Apple: Rivalen und Geschäftspartner

Könnte Samsung jetzt bereit sein, noch einmal über das Apple-Lizenzangebot von 24 Dollar pro Gerät nachzudenken, um weitere solche Nackenschläge zu vermeiden? Schließlich läuft in Kalifornien beim gleichen Gericht noch eine Klage von Apple wegen anderer Patente. Zudem sind die beiden Smartphone-Schwergewichte nach wie vor nicht nur Rivalen, sondern auch Geschäftspartner. Von Samsung kommen zentrale Bauteile von iPhone und iPad wie Bildschirme oder Chips.

Tim Cook hatte vor kurzem erklärt, er hasse Patentverfahren - Apple dürfe aber nicht zum unentgeltlichen Entwickler für die ganze Welt werden. Apple will dabei auch künftige Gerätegenerationen absichern: Der Konkurrenzkampf um die Nutzer, die von einfachen Handys auf Smartphones umsteigen, ist voll im Gange. Es geht um Hunderte Millionen künftiger Kunden, dagegen wirkt auch die Samsung-Milliarde klein. Angewiesen ist Apple darauf sowieso nicht: Zuletzt saß der Konzern auf einem Geldberg von gut 117 Milliarden Dollar.

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