Themenspezial: Verbraucher & Service Gealtert

Editorial: Geplante Obsoleszenz!?

Erste Staaten reagieren auf Apples Software, die das iPhone künstlich altern lässt. Wann folgt Deutschland?
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Apple unter Druck Apple unter Druck
Foto: teltarif.de
Der Vorwurf, dass elektrische Geräte bewusst so hergestellt werden, dass sie schon nach relativ kurzer Zeit ersetzt werden müssen, ist so alt wie die Glühbirne: Bekanntermaßen hielt diese gerade mal um die 1 000 Stunden durch, bevor sie sich mit einem letzten Flackern verabschiedete und ersetzt werden musste. Der schnelle Verschleiß kostete nicht nur Geld, sondern brachte auch Menschen um - immerhin sind Lampen meist an der Decke montiert und beim Steigen auf die Leiter passieren leider immer wieder böse Unfälle.

Das Argument der Hersteller für die beschränkte Haltbarkeit der Glühbirnen war immer, dass eine längere Haltbarkeit nur über eine Absenkung der Glühfaden-Temperatur erreicht werden könnte, was niedrigere Effizienz und damit höhere Stromkosten zur Folge hätte. Doch auffällig war schon, dass die ganzen Jahrzehnte, die die Glühlampe den Beleuchtungsmarkt dominierte, nie eine verbesserte Version auf den Markt kam, die zum Beispiel 5 Prozent mehr Licht gibt und zugleich 30 Prozent länger hält. Klar gab es immer die Leuchtstoffröhre bzw. die Energiesparlampe als Alternative, doch hatte die erhebliche andere Nachteile: Giftiges Quecksilber als Inhaltsstoff und harte Spektrallinien im Spektrum, die die Farbwiedergabe zum Teil erheblich verschlechterten.

Angesichts der rapiden technischen Weiterentwicklung, die wir heute gewohnt sind, wundert es rückwirkend schon, dass es niemandem zwischenzeitlich gelungen sein soll, durch verbesserte Methoden zur Glühfadenherstellung, durch Oberflächenveredelung und/oder durch spezielle Gasfüllungen in der Glühlampe zumindest eine kleine Verbesserung zu erreichen. Erst als die EU Druck machte in Sachen Glühlampen-Verbot, kamen plötzlich recht schnell doch Hochvolt-Halogen-Lampen als Ersatz für normale Glühbirnen auf den Markt, die doch eine ganz beachtliche Verbesserung bringen, nämlich doppelte Lebensdauer bei zugleich 20 bis 25 Prozent Stromersparnis und unveränderter Leuchtleistung. Warum nicht früher, sondern erst auf Druck?

Höhere Erwartung der Verbraucher

Apple unter Druck Apple unter Druck
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Zum Glück haben die Verbraucher heute eine viel größere Erwartung an die Haltbarkeit der Produkte. Und so spart die Mehrheit der LED-Leuchtmittel, die man heute als Ersatz für Glühbirnen kaufen kann, nicht nur eine Menge Strom, sondern hat zugleich eine vielfach höhere Lebensdauer. Selbstverständlich ist das nicht, es wurden sowohl von Billig- als auch von vermeintlich hochwertigen Herstellern gerade in der Anfangszeit der LED-Lampen auch große Mengen an LED-"Birnen" verkauft, die ähnlich schnell den Hitzetod starben wie Glühbirnen. Doch offensichtlich ist es den Verbrauchern über ihre Einkaufsmacht gelungen, die Hersteller zur Produktion von länger haltbaren LEDs zu zwingen.

Apple unter Druck

Würden Smartphones genauso zeitig und zahlreich sterben wie Glühlampen, es gäbe einen riesigen Aufschrei unter Verbrauchern, der dem zugehörigen Hersteller massiv schaden würde. Und doch scheinen die Smartphone-Hersteller einen Weg gefunden zu haben, die Smartphone-Nutzer vorzeitig zum Neukauf eines neuen Gerätes zu drängen. Zwar gehen Smartphones nur selten spontan kaputt, aber mit der Zeit fühlen sich die Geräte in der Bedienung immer älter an: Alles wird hakeliger, man muss länger warten, das Display ist nicht mehr ganz so hell, der Akku macht früher schlapp und dergleichen mehr. Was, wenn das alles nicht nur daher rührt, dass die neuen Geräte dank des technischen Fortschritts schneller und leistungsfähiger sind und daher die alten Geräte "alt aussehen" lassen, sondern auch das Betriebssystem hier gehörig mitspielt und die Leistung absichtlich verschlechtert? Der Begriff der "geplanten Obsoleszenz" macht seit Jahren in den Foren die Runde.

Entsprechend katastrophal war es für Apple, als sie jüngst zugeben mussten, dass das iOS-Betriebssystem für das iPhone tatsächlich eine Software-Bremse enthält: Ist der Akku nicht mehr ganz taufrisch, bremst die Software den Prozessor und den Grafik-Chip. Angeblich macht das Apple, damit das iPhone auch mit einem schwachen Akku über den Tag kommt. Doch korrekt wäre gewesen, den Nutzer per Warnmeldung über die Akku-Schwäche zu informieren und ihn dann selber entscheiden zu lassen, ob er per Software-Bremse die alte Akku-Ausdauer erreichen will oder er lieber stattdessen häufiger nachlädt oder aber den Akku tauschen lässt.

Zwar bietet Apple inzwischen den Akku-Tausch für günstige 29 Euro an, doch nur, wenn das Gerät sonst keine Kratzer hat. Andernfalls will Apple die Kratzer mitreparieren, was dann weit über 100 Euro kostet, oder lehnt die Reparatur ab. Kleiner Tipp: Bei Drittanbietern gibt es den Akku-Tausch für um die 40 bis 50 Euro - und diese Anbieter stören sich nicht an Kratzern.

Frankreich und Italien ermitteln gegen Apple, in den USA läuft eine Sammelklage. Hoffentlich erfolgt auch hierzulande bald ein Verfahren und hoffentlich endet es nicht so windelweich wie damals der "Dieselgipfel", bei dem sich die Bundesregierung und Volkswagen auf ein mageres Software-Update geeinigt haben, statt die mit Abschalteinrichtung versehenen Diesel-Fahrzeuge per Nachrüstung von dauerbetriebsfähiger Abgasreinigungs-Hardware wirklich sauber zu machen.

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