Angeschaut

Apples neues Format HEIF killt JPG

Mit dem Start von iOS 11 und den neuen iPhone-8-Modellen, hat Apple auch das neue Bildformat HEIF zum Standard für Fotos auserkoren. Was es damit auf sich hat und wieso es technisch besser ist, erklärt teltarif.de.
Von Stefan Kirchner

Austausch mit anderen Systemen

Datenblätter

Für die meisten Nutzer wird sich trotz der iOS-internen Verwendung von HEIF als Foto­format ab dem iPhone 7 (Plus) nicht viel ändern. Denn sobald ein Foto im HEIF-Format mit anderen Geräten oder Diensten geteilt werden soll, die nicht das HEIF-Format unterstützen, konvertiert iOS 11 das betreffende Foto automatisch in ein JPEG und überträgt dieses, anstatt des HEIF-Originals. Dies haben Versuche von teltarif.de untermauert. Wir haben ein HEIF-Bild via WhatsApp an ein Android-Smartphone verschickt, es versucht in diverse Cloud-Dienste hochzuladen und auf einen Desktop-Rechner zu übertragen. Jedes Mal kam am Ende ein JPEG-Bild an.

Trotzdem hat Apple die Möglichkeit eingebaut, die Konvertierung zu JPEG abzuschalten. Dazu muss man einfach nur die iOS-Einstellungen öffnen, in den Bereich Fotos navigieren und dort bei "Auf Mac oder PC übertragen" auf "Originale behalten" umstellen. Schon werden bei der Übertragung von Fotos auf einen Mac oder Windows-PC nur noch HEIF-Bilder angezeigt und nicht die automatisch konvertierten JPEG-Bilder. In den iOS-Einstellungen besteht bei den iPhone-Modellen mit Hardware-Encoder für HEIF auch die Möglichkeit, die Kamera-App von HEIF auf JPEG umzuschalten und das neue Format nicht zu nutzen. Aufgrund der automatischen Konvertierung beim Daten­austausch mit anderen Systemen sollte dafür aber kein Bedarf sein. iOS 11 und HEIF In den Tiefen der iOS-11-Einstellungen kann das Dateiformat für Fotos und Kamera gewechselt werden
Screenshots: teltarif.de
Ein generelles Problem ist, dass bisher nur Mac-Systeme, auf denen mindestens macOS High Sierra installiert ist, überhaupt HEIF-Bilder nativ darstellen können. Kommt hingegen Windows oder Linux zum Einsatz, dann gibt es derzeit keine Bild­betrachter, die das neue Format offiziell unterstützen. Weder kostenlose Bild­betrachter wie IrfanView, noch Profi-Programme wie Adobe PhotoShop. Bei letzterem wird das Öffnen eines Bildes im HEIF-Format mit der Fehlermeldung abgebrochen, dass das Dokument nicht den richtigen Typ besitzt. Getestet hat teltarif.de dies mit PhotoShop CC (2017) und somit der aktuellsten Version der Profi-Variante. Zumindest wird bei Adobe bereits intern diskutiert, ob und falls ja wie, das neue Bildformat implementiert werden soll.

Erwähnenswert ist, dass es für Android eine kostenlose App gibt, die HEIF-Bilder nach JPEG konvertieren kann. Bei unseren Tests stellte sich die App jedoch als eher nutzlos dar: Sie KANN Bilder im HEIF-Format öffnen, beschränkt auf die *.heic-Dateiendung, sortiert die einzelnen Tiles eines HEIF-Bildes jedoch sehr willkürlich. Das Ergebnis sehen Sie im Screenshot der Android-App Luma. Gerechter­weise muss aber auch erwähnt werden, dass Luma noch mitten in der Entwicklung steckt und als Beta-Version angeboten wird. Insofern ist da noch einiges an Potential für Verbesserungen vorhanden.

Update, 29. Oktober: Das jüngste Update der Android-App führt wieder zu einem korrekt zusammen­gesetzten Bild nach der Umwandlung in JPEG. Das Ergebnis lässt sich problemlos in der Galerie speichern oder direkt mit anderen teilen über den Android-internen Teilen-Dialog. /Update Ende iOS 11 und HEIF Für Android gibt es mit Luma eine erste HEIF-App - und fragwürdigem Ergebnis
Screenshots: teltarif.de

Die Sache mit den Lizenzen

Ob überhaupt zeitnah eine Unterstützung abseits der Apple-Plattformen kommt, ist fraglich. Grund dafür ist der verwendete HEVC-Codec: Zwar sind damit erzeugte Inhalte lizenzfrei, der Codec selbst jedoch nicht. Will man den Decoder/Encoder nutzen, wird eine Lizenz­zahlung an die MPEG LA als Lizenz­verwalter sowie die Patentinhaber/Codec-Entwickler fällig. Zu letzterem gehören General Electric, Technicolor, Dolby, Philips und Mitsubishi Electric, die sich in der HEVC-Advance-Allianz zusammen­geschlossen haben. Hinzu kommt, dass die Lizenz­gebühren bis zu 16 Mal so hoch ausfallen wie noch bei H.264/MPEG-4 AVC. Zumindest sollen bei kostenfreien Streaming­diensten wie YouTube keine Lizenz­gebühren anfallen, während kosten­pflichtige Dienste wie Netflix zahlen müssen, heißt es. Von der Bild-Konvertierung für kostenlose Tools ist da nichts zu lesen.

Immerhin will Zoner Photo Studio X das erste Windows-Programm sein, welches nativ HEIF unterstützt. Sofern man bereit ist, jährlich 49 US-Dollar für ein Abo der Software zu bezahlen. Anderenfalls gibt es mittlerweile einige Online-Dienste, die sich mit der Konvertierung von HEIF zu JPEG beschäftigen und das kostenfrei, wie zum Beispiel Convert Heic Photos to JPEGs. Für HEVC-codierte Videos gibt es FreeFileConvert, wobei hier mit teils deutlichen Einbußen bei der Bild­qualität zu rechnen ist.

Das Lustige bei HEVC-Videos ist jedoch die Übertragung per AirDrop an macOS Sierra. Bei der Übertragung wird das Video mittels H.264-Codec automatisch zu einer MOV-Datei konvertiert und das ohne nennens­werte Verluste bei der Bild­qualität. Die dabei entstehende Video­datei ist zwar größer, kann aber dafür ohne Plug-Ins oder andere Zusatz-Software auf einem Windows-System betrachtet werden. Mit HEIF-Bildern passiert das leider nicht.

Potential als künftiger Standard

Abschließend lässt sich damit sagen, dass rein vom technischen Standpunkt aus gesehen, HEIF durchaus das Zeug zum neuen Bildstandard hat. Apple hat den Anfang gemacht und setzt ab iOS 11 rigoros auf das neue Bildformat. Außerdem besitzt Apple genügend Marktmacht, einen solchen neuen Standard etablieren zu können. Millionen Nutzer mit iPhone, iPad und den Mac-Modellen bieten eine kritische Masse, damit der Rest der Branche nachzieht.

Aber genau da liegt auch die Gefahr: Sollten sich Google als Entwickler von Android und dessen Hardware-Partner gegen eine Unterstützung von HEIF entscheiden, bleibt dies ein Teil des abgeschotteten Apple-Ökosystems. Wie sich die Sache in Zukunft weiter­entwickelt, ist schwer zu sagen. Fakt ist aber, dass JPEG mit seinen über 25 Jahren und veralteten Algorithmen zur Daten­kompression nicht mehr zeitgemäß erscheint. Es wird Zeit brauchen, bis sich ein neuer Standard durchsetzen kann und selbst dann ist noch nicht sicher, dass es der technisch bessere Standard schafft. Die Geschichte hat mit Betamax vs VHS, MemoryStick vs USB-Stick, HD-DVD vs Blu-ray oder auch AAC vs MP3 Beispiele genug, dass sich der technisch bessere Standard nicht immer im Massenmarkt durchsetzen kann.

Zudem darf nicht vergessen werden, dass Google maßgeblich an einem eigenen potentiellen Nachfolger für JPEG-Bilder namens WebP arbeitet. Dieses Format basiert auf dem Video-Codec VP8, nutzt ebenfalls einen effektiveren Algorithmus zur Kompression der Bilddaten und wurde speziell für den Einsatz im Internet konzipiert. Je nach Codierungs­profil erfolgt die Komprimierung dabei verlust­behaftet oder verlust­frei. Derzeit ist der größte Vorteil von WebP gegenüber HEIF/HEIC der Punkt, dass nahezu alle modernen Browser dieses Format nativ unterstützen. Von daher ist das Erbe von JPEG noch lange nicht entschieden.

Lesen Sie in einem weiteren Artikel, wie iOS 11 auf dem iPhone 7 Plus aussieht und was neu ist.

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