Apples neues Format HEIF killt JPG
Nicht nur die neuen Apple-Smartphones iPhone 8 und iPhone 8 Plus sind seit vergangener Woche zu haben, sondern auch das Update auf iOS 11 - einschließlich erster Fehler. Eine der größten Neuerungen des iOS-Updates ist der Wechsel auf das HEIF-Dateiformat für Fotos, was von Apple als großer Fortschritt angepriesen wird.
Mit diesem Dateiformat wagt Apple nichts anderes als eine Revolution der mobilen Fotografie was die Art des Speicherns anbelangt. Denn außerhalb des Apple-Universums beherrscht kein Hersteller und keine Software bisher HEIF. Weder die populären Browser Google Chrome, Mozilla Firefox noch der Microsoft Edge. Selbst beliebte Programme zur Bildbearbeitung wie Adobe PhotoShop können mit dem Format nicht umgehen.
Daher hat sich teltarif.de einmal etwas näher mit dem Thema beschäftigt und erklärt, was HEIF überhaupt ist und warum es so eine große Sache für alle ist. Zudem hat Apple einige Tricks in iOS eingebaut, um Inkompatibilitäten mit Nicht-Apple-Geräten, die HEIF (noch) nicht anzeigen können, zu vermeiden. Wir erläutern auf Seite 2, wie diese im Detail funktionieren.
Was ist eigentlich HEIF?
Die wichtigste Erkenntnis zuerst: Apple ist nicht Erfinder und Entwickler des HEIF-Formats. Das High Efficiency Image Format, kurz HEIF (sinngemäß ausgesprochen: Hihv), stammt von der Moving Picture Experts Group, kurz MPEG, und wurde bereits im Dezember 2000 von diesem Konsortium in einer ersten Fassung vorgestellt. Als Standard akzeptiert ist es seit 2013 unter der Bezeichnung ISO/IEC CD 23008-12 und seit 2015 in finaler Fassung freigegeben. Der größte Vorteil des neuen Formats ist das zugrunde liegende Verfahren für die Bildkompression. Diese verwendet denselben Algorithmus wie der HEVC-Videocodec, besser bekannt als Industriestandard H.265/HEVC.
Zumal HEIF bei näherer Betrachtung auch kein neues Bildformat an sich ist, sondern ein Containerformat. Immerhin kann HEIF neben einfachen Fotos noch weitaus mehr beinhalten. Der ISO-Standard beherrscht zusätzlich Serienbilder in einer Container-Datei, Audioaufnahmen, Tiefeninformationen, unterschiedlich belichtete Bildsequenzen mit bis zu 16-Bit Farbtiefe (JPEG: 8-Bit), Vorschaubilder, Alphakanäle, Metadaten und noch einiges mehr.
Ergänzend dazu ist zu erwähnen, dass JPEG selbst bereits vor über 25 Jahren entwickelt wurde. Seit der Veröffentlichung der libjpeg-Bibliothek für Entwickler hat sich das Verfahren zur Bildkompression nur unwesentlich weiterentwickelt. Im Gegenzug dazu ist im Videobereich ein bedeutend größerer Fortschritt in Sachen Kompression ohne nennenswerte Qualitätsverluste zu beobachten. Siehe der Wechsel von H.262/MPEG-2 zu H.264/MPEG-4 AVC und nun zu H.265/HEVC. Man könnte es auch anders formulieren: HEIF geht den längst überfälligen Schritt zu einer effektiveren Kompression nun auch im Bereich der Fotos.
Durch die erheblich effizientere aber auch komplexere Kompression mit Hilfe der H.265-Algorithmen ist ein HEIF-Bild bis zu 60 Prozent kleiner als ein JPEG-Bild bei gleicher Auflösung. Sehr gut zu sehen ist die bessere Kompression anhand der unterschiedlichen Dateigröße im folgenden Screenshot.
Ein deutlicher Unterschied der Dateigröße zwischen HEIF/HEIC und JPEG
Screenshots: teltarif.de
Das Besondere an HEIF ist, dass die Qualität nicht leidet, sondern je nach Ausgangsmaterial sogar noch besser ausfällt. Zu beachten ist, dass im Dateisystem die Endung *.heic verwendet wird. Die Dateiendung gibt an, welches Profil zur Codierung der Bilddatei verwendet wurde. Bei der Dateiendung *.heic ist dies das standardisierte und gebräuchlichste HEVC-Main-Profil, beziehungsweise HEVC-Main-Still-Picture-Profil.
Auch HEIF/HEIC kommt nicht ohne kompressionsbedingte Qualitätsverluste aus. Ein sogenanntes Lossless, also verlustfreies Format, ist HEIF nicht. Dafür wären TIFF, PNG oder WebP (im verlustfreien Modus) besser geeignet. Jedoch lassen sich bei verlustfreier Kompression meist nur viel geringere Kompressionswerte erreichen als mit JPEG oder erst recht mit HEIF.
Gerade unter dem Aspekt der mit iOS 10 eingeführten Live-Fotos bei den iPhone-Plus-Modellen ist das HEIF-Format für Apples Zwecke, rein vom technischen Standpunkt betrachtet, ideal. HEIF ist vereinfacht gesagt die Standbildversion von H.265/HEVC, erweitert mit einer Reihe an zusätzlichen Informationen und Möglichkeiten in einer einzelnen Datei. Zumal HEIF und dessen Grundlage HEVC sehr tief in iOS 11 implementiert sind.
Theoretisch Standard ab dem iPhone 6s
Auch wenn iOS 11 prinzipiell das HEIF-Format zum Standard erhebt, setzt Apple gewisse Mindestvoraussetzungen. So wird für das Decodieren von HEIF-Bildern mindestens ein Apple-A9(X)-Prozessor oder neuer benötigt. Einen solchen enthalten das iPhone 6s, iPhone 6s Plus, iPhone SE sowie das erste iPad Pro. Die Aufnahme von Fotos im HEIF-Format funktioniert nur mit einem Apple-A10(X)-Fusion-Prozessor und neuer. Das wiederum umfasst die Modelle iPhone 7, iPhone 7 Plus, iPhone 8, iPhone 8 Plus, iPhone X, iPad Pro 10.5 und das iPad Pro (2017). Ein Software-Decoder steht hingegen auf jedem Gerät zur Verfügung, das offiziell von iOS 11 unterstützt wird.
Erst bei näherer Betrachtung wird ersichtlich, warum die Apple-A9-Generation HEIF nur anzeigen aber nicht aufnehmen kann. Grundsätzlich ist bei HEIF/HEIC-Bildern der Encoder deutlich aufwändiger zu implementieren als der Decoder. Die Apple-A9-Generation enthält daher zwar einen Hardware-Decoder für HEIC, aber noch keinen Hardware-Encoder. Ein Software-Encoder würde aber bei Schnappschüssen in Serie schnell an seine Grenzen kommen. Daher speichert Apple auf dem iPhone 6s die Kamerafotos noch im herkömmlichen JPEG-Format. Überprüft hat teltarif.de dies mit einem iPhone SE: Die Anzeige von HEIF-Fotos ist mit iOS 11 möglich, die Aufnahme jedoch nicht. Die restlichen von iOS 11 unterstützten iPhone- iPad- und iPod-Touch-Modelle können zumindest über einen Software-Decoder HEIF-Bilder anzeigen.
Im Fall des iPhone 7 und iPhone 7 Plus und neuer kommt ein weiterer Vorteil hinzu und das ist die native Unterstützung von 10-Bit Farbtiefe für Fotos, die im HEIF-Format aufgenommen wurden. Oder anders ausgedrückt: 1,07 Milliarden darstellbare Farben (10-Bit Farbtiefe) statt nur 16,7 Millionen Farben (8-Bit Farbtiefe). Das bedeutet, dass ein erheblich größerer Farbumfang bei der Darstellung verwendet wird, was feinere Farbverläufe auf den Displays von iPhone und Co bedeutet.
Auf Mac-Rechner sowie MacBook-Modelle muss mindestens macOS High Sierra installiert sein, um HEIF sowie HEVC decodieren zu können. Ist ein Intel-Prozessor der sechsten Core-i-Generation namens Skylake verbaut, erfolgt das Decodieren sowie Encodieren Hardware-gestützt. Ein Software-Enoder wiederum ist für alle von macOS High Sierra unterstützten Mac-Modelle implementiert. Andere Versionen der Apple-Betriebssysteme werden bisherigen Informationen nach nicht oder - wenn überhaupt - über Drittanbieter mit den neuen Dateiformaten für Bild und Video umgehen können.