Deutschland: Glasfaser-Ausbau im 2-Sekunden-Takt?
Die Nachfrage nach echter Glasfaser scheint bei Privatkunden noch etwas verhalten zu sein. Deswegen findet Uwe Nickl (Deutsche Glasfaser): "Wenn spezielle Apps für Glasfaser kommen (die auf Kupfer nicht laufen, weil das zu langsam wäre), wird das der Glasfaser einen Schub geben.
Ein anderes Problem sind die im Markt gewünschten Durchschnittspreise. Viele Kunden wollten maximal 19,95 Euro im Monat ausgeben. Dafür sei Glasfaser nicht zu machen.
Zukunft nur gemeinsam
Für die Zukunft sind schwierige Gebiete nur noch gemeinsam zu erschließen. Die Gigabit-Netze sollen auch abends um acht noch Perfomance bringen, speziell bei der klassischen Kabel-TV-Technologie ist das nicht immer der Fall.
Streitpunkt Unitymedia Fusion
Thomas Braun vom ANGA-Verband wehrte sich gegen zu viel Regulierung und Einmischung der Politik
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Mit Spannung wird die Entscheidung der EU-Kommission zur angedachten Fusion von Unitymedia und Vodafone erwartet. Unklar ist, welche Auflagen es geben wird und ob Betroffene möglicherweise klagen werden.
Neben der Telekom findet auch Norbert Westfal von EWEtel die Unitymedia-Fusion "nicht gut. Das Kabelnetz werde mächtiger als früher. Wird OpenAcress nur für Telefonica- Kunden gelten?" Er sei strikt gegen diese Fusion.
In das gleiche Horn stieß Timm Degenhardt von Tele Columbus. Bei der Wohnungswirtschaft werde die vereinigte Unitymedia-Vodafone etwa 70 bis 80 Prozent Marktanteil haben. "Es muss Auflagen geben". Er befürchtet, dass der Netzausbau von unerschlossenen Regionen zu Erlahmen komme.
Für Uwe Nickl habe die Marktdominanz durch Marktmacht den Glasfaser-Ausbau nicht beschleunigt. Diskriminierungsfrei sei das Wholesale Angebot von Unitymedia an die Telefonica auch nicht.
Kabel-TV-Umbau bringt keine neuen Anschlüsse?
Da wurde Dirk Wössner lebendig: "Durch die (Unitymedia) Fusion baut Herr Ametsreiter keinen weiteren Anschluss aus. Wie viele der bundesweit etwa 3 Millionen unterversorgten Anschlüsse baut er denn aus? Die Telekom baue pro Jahr 200.000 neue FTTH-Anschlüsse.
Vodafone vermeldet 25.000 Anschlüsse im Vodafone-Kabeldeutschland-"Footprint" (also da, wo es schon Kabel der ehemaligen Deutschen Bundespost und jetzt Kabeldeutschland gibt).
Zukunft Kooperation
Wössner wünscht sich Kooperationen für den Weg nach vorne, einen gesunden Infrastruktur Wettbewerb. Es gebe einen Wandel des Denkens, wie wir ausbauen, der sei selbst "in meinem Laden" noch nicht ausgeprägt. "20 Jahre hat uns das Netz alleine gehört", aber bei diesen Kosten ist die Netzauslastung eine wichtige Größe und das sei nur gemeinschaftlich zu stemmen.
Die Telekom habe für Berlin ein Angebot zum 50-prozentigen Ausbau gemacht, ein weiteres Angebot mache die Telekom mit EWEtel. Deutschlandweit seien weitere gemeinsame Gesellschaften geplant, Namen wollte er aber noch nicht nennen. Die Deutsche Telekom rede mit vielen "regionalen Spielern", die sich noch schwer täten. Regionale Joint Ventures seien denkbar.
So kooperiert Vodafone teilweise mit der Deutschen Glasfaser, "wenn Profil und Preis passen", es gibt eine hohe Nachfrage nach Glasfaser beispielsweise als Anbindung ("Backhaul") für die Mobilfunkbasisstationen. Ametsreiter glaubt, dass es Kooperationen im Mobilfunk geben sollte, das wäre aber momentan (während die 5G-Auktion läuft) eine "verbotene Diskussion". Die Teilnehmer sprachen sich gegen noch mehr Druck seitens der Politik aus. "Unter welchen Bedingungen dürfen wir miteinander reden? "Wir bauen heute schon gemeinsam Stationen, nutzen auch Kabel und Glasfaser, wenn auch zu gleichen Teilen. Es gibt dann ein Problem, wenn einer gar nix hat", betonte Wössner.
Kritische Auktion
Dann ließen sich die Teilnehmer doch zu ein paar kritischen Worten zur Auktion überreden. Die Erhöhung des Bieter-Inkremenets (= Steigerung der Beitragshöhe für die jeweils nächste Runde) hat Ametsreiter (Vodafone) zunächst überrascht, aber "man hat es ahnen können". So eine lange Auktion ist nicht gut für Deutschland, sind sich alle einig, denn "der Branche wird Geld entzogen". Für 6,2 Milliarden Euro könnte man 50.000 Stationen bauen. Wössner hält das für "absolut katastrophal".
Stellvertretend für die kleineren Netzbetreiber betonte Timo von Lepel von Netcologne, wohin das mit der viel zu teuren 5G-Auktion führen soll: "Wie wollt ihr das zurückverdienen? Wir (Netcologne) hätten gerne regionale Lizenzen gehabt. Netcologne würde gerne ein 5G-Netz in Köln aufbauen."
Was wünscht sich die Industrie?
Die von der Netzagentur vorgesehene Preiserhöhung der Teilnehmeranschlussleitung (TAL) um 20 Prozent entstehe, weil die Netzagentur die Neubaupreise für GF als Grundlage nehme. Das stößt den privaten Anbietern unangenehm auf. Wössner (Telekom) wies darauf hin, dass die TAL-Preise momentan solidarisch aus einem Schnittwert für Stadt und Land ermittelt werden. Wössner plädierte für langfristig sichere Rahmenbedingungen.
Ametsreiter wünscht sich von der Politik und Verwaltung schnelle Entscheidungen, schnellere Prozesse und eine "weise Entscheidung der EU" (zur geplanten Unitymedia Fusion).
Zwischen Freundschaft und Wettstreit
Die Teilnehmer gingen fast freundschaftlich miteinander um. Doch in Mainz wird derzeit unbeirrt weitergeboten. Ob diese Auktion bis Weihnachten fertig sein wird? ("Welches Jahr?") Oder ob der Berliner Flughafen noch vor der offiziellen 5G-Frequenzvergabe in Betrieb gehen wird? Diese Fragen blieben am Ende offen.