Verteidigung

Amazon lässt weiterhin Alexa standardmäßig abhören

Die Erkenntnis, dass Mitschnitte von Gesprä­chen mit Assis­tenten wie Alexa und Siri auch von Mitar­beitern gehört werden können, löste viel Kritik aus. Doch Amazons Geräte-Chef gibt zu bedenken, dass dies die Sprach­erken­nung verbes­sere - und lässt die Funk­tion stan­dard­mäßig an.
Von dpa /

Alexa wird standardmäßig weiter abgehört Alexa wird standardmäßig weiter abgehört
Bild: dpa
Amazon vertei­digt die umstrit­tene Praxis, einige Mitschnitte von Unter­haltungen mit seiner Sprachas­sistentin Alexa auch von Menschen auswerten zu lassen. "Wir sind sehr über­zeugt, dass der Service besser wird, wenn die Kunden es uns erlauben, die Daten für seine Verbes­serung zu nutzen", sagte Amazons Geräte- und Dienste­chef Dave Limp der dpa heute am Rande der Grün­dermesse "Bits & Pret­zels" in München. So werde die Erken­nung der neuen Alexa-Sprache Hindi binnen drei Monaten um 35 Prozent verbes­sert.

Amazon und andere Anbieter von Sprachas­sistenten wie Apple und Google waren in den vergan­genen Monaten massiv dafür kriti­siert worden, dass die Mitschnitte auch von Mitar­beitern analy­siert wurden, ohne dass das den Nutzern bewusst war. Apple und Google kündigten an, künftig zuvor die Zustim­mung dafür einzu­holen, ein soge­nanntes Opt-in.

Bei Amazon bleibt Abhören stan­dard­mäßig akti­viert

Alexa wird standardmäßig weiter abgehört Alexa wird standardmäßig weiter abgehört
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Amazon hingegen entschied sich für ein Opt-out, bei dem die Nutzer einer Verwen­dung ihrer Mitschnitte zwar wider­spre­chen können, sie aber stan­dard­mäßig voraus­gesetzt wird. Amazon sehe darin die bessere Lösung für die Nutzer, betonte Limp. Es könne natür­lich sein, dass die Konkur­renten weiter beim maschi­nellen Lernen seien als Amazon - was er sehr bezwei­fele -, "oder ihre Dienste werden sich nicht so schnell verbes­sern".

Limp räumte auf der "Bits & Pret­zels" ein, dass es ein Fehler gewesen sei, die Nutzer nicht ausdrück­lich darauf hinzu­weisen, dass einige Alexa-Mitschnitte von Mitar­beitern ausge­wertet werden. Den weitaus meisten Nutzern wurde das erst nach einem Bericht des Finanz­dienstes Bloom­berg im Früh­jahr bewusst, es folgte Kritik. "Wenn man mich an dem Tag gefragt hätte, wäre ich wahr­schein­lich über­rascht, weil es mir und meinem Team erschien, als wüssten das alle", sagte Limp jetzt. "Aber das zeigt nur, dass wir in dieser Frage zu nahe an der Indus­trie dran waren und nicht nah genug an den Kunden."

Zugleich seien die Reak­tionen in den Medien stärker gewesen als bei den Nutzern: "Die Kunden haben nicht aufge­hört, Alexa zu nutzen." Bei Mitar­beitern landeten auch nur rund 0,1 Prozent der Inter­aktionen mit der Sprachas­sistentin, betonte er. "Ich hoffe, dass wir eines Tages keine Betei­ligung von Menschen brau­chen werden" - noch sei das aber notwendig.

Heraus­forde­rung: Längere Gespräche per Assis­tent

Amazon stellte vergan­gene Woche eine Reihe neuer Geräte vor. Darunter sind auch für Amazon neue Produkt­kate­gorien, die Alexa helfen könnten, sich auch außer­halb eines Haus­halts im Alltag der Nutzer zu veran­kern - kabel­lose Ohrhörer sowie eine Brille und ein Ring mit Mikro­fonen. Amazon setzt stark auf das soge­nannte "Ambient Compu­ting" - die Vision, dass Computer-Technik einen Nutzer perma­nent umgibt.

Mit den Ohrhö­rern Echo Buds können die Nutzer zum Beispiel in den zu Amazon gehö­renden "Whole Foods"-Lebens­mittel­märkten Alexa fragen, in welchem Gang sich ein Produkt befindet. Alexa ist außer­halb des Hauses aber im Nach­teil gegen­über Apples Siri und dem Google Assi­stant, weil die konkur­rierenden Sprachas­sistenten direkt in Smart­phone-Systeme inte­griert sind. Im Fall der Amazon-Ohrhörer muss auf dem iPhone - und auch vielen Android-Tele­fonen - dafür die Alexa-App laufen.

"In einer perfekten Welt würde man auf den Echo Buds auch Siri und Google anspre­chen können", sagte Limp. Apple und Google seien noch nicht bei dieser Sicht der Dinge ange­kommen - "aber ich hoffe, dass sich die Indus­trie mit der Zeit in diese Rich­tung bewegen wird". Limp bekräf­tigte, dass Amazon nach dem Miss­erfolg mit dem kurz­lebigen Fire Phone keine Pläne für eine Rück­kehr in den Smart­phone-Markt habe. Das käme erst in Frage, wenn man eine klare Vorstel­lung hätte, wie sich Amazon von anderen Playern abheben könne.

"Unser Ziel is es, Alexa und ihre Smar­thome-Fähig­keiten auf alle Geräte zu bringen, die es gibt", betonte Limp. Amazon sei trotz der Vorstel­lung vieler eigener Geräte genauso auf Part­nerschaften mit anderen Herstel­lern fokus­siert wie bisher.

Amazon arbeitet auch daran, Alexa für längere Gespräche mit Nutzern fit zu machen. "In fünf bis zehn Jahren werden Sprachas­sistenten mehr Unter­haltungen führen", sagte Limp. Aktuell seien die Inter­aktionen noch eher auf einzelne Aufgaben fokus­siert. Auch hier gebe es ein Span­nungs­feld zwischen Daten­frei­gabe und Qualität der Dienste: "Wenn man jeden Tag die Daten löschen würde, wäre der Service nicht so gut."

Die wich­tigsten Sprachas­sistenten verglei­chen wir auf unserer Über­sichts­seite zu Smart Spea­kern.

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