Themenspezial: Verbraucher & Service Sicherheit

Editorial: Die Crux mit der Spitzen­technologie

Akkus - und Raketen - werden immer leistungsfähiger, damit aber auch immer anfälliger. Was kann man für die Erhöhung der Sicherheit tun?
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Es geht mit dem vorgenannten nicht darum, Samsung in Schutz zu nehmen. Wahrscheinlich hätte sich der Akku-Fehler mit ausführlicheren Tests rechtzeitig vor Start der Serienfertigung entdecken lassen. Damit wäre Samsung der milliarden­schwere Schaden aus Lieferstopp und Rückrufaktion erspart geblieben. Ebenso wäre es natürlich möglich gewesen, einen nicht ganz so neuen Akku-Typen zu verbauen und so die Probleme zu vermeiden. Immerhin werden die Akkus für das neue Note 7 von zwei unter­schiedlichen Herstellern geliefert - nur einer der beiden Akku-Typen macht aber Probleme, nämlich der aus dem eigenen Hause.

Samsung Note 7

Der Rückruf ist auch richtig. Die Fehlerrate von 1 zu 70 000 mag zwar relativ gering erscheinen. Aber es ist unklar, ob sie sich bei weiterer Verwendung der Akkus nicht noch deutlich erhöhen wird. Die ersten Galaxy Note 7 wurden ja erst vor wenigen Wochen ausgeliefert. Wenn bei 500 000 Auflade­vorgängen zum Beispiel im Schnitt immer ein Gerät in Flammen aufgeht, dann liegt die Fehlerrate bei einer Ladung pro Tag eine Woche nach Auslieferungs­beginn beim bereits genannten Wert von 1 zu 70 000. Bei einer durchschnitt­lichen Nutzungs­dauer von 3 bis 4 Jahren ergibt sich am Ende aber eine Brandrate von 1 zu 400 - und das ist vielfach zu hoch!

Auch andere haben brandgefährliche Akkus gebaut

Eine ähnlich katastrophale Sicherheits­bilanz - nämlich mehr als eine durchgegangene Zelle pro tausend Zellen - hatten anfangs auch die in Boeings Dreamliner 787 eingebauten Li-Ion-Akkus. Bei denen ist die genannte Schadensrate auch deswegen so besonders frappierend, weil die Akkus, ähnlich Starter­batterien im Auto, überhaupt nur kurz stark belastet werden und folglich gar nicht so viele Lade- und Entlade-Zyklen über sich ergehen lassen müssen. Zudem sollte man meinen, dass Batterien, die in einem Flugzeug verbaut werden, auch wesentlich ausführlicher getestet werden als solche in einem Smartphone. Schließlich vergehen vom Rollout des ersten Exemplars einer neuen Flugzeug­baureihe bis zur Serien­zulassung mehrere Jahre, in der wirklich alles auf Herz und Nieren geprüft wird - anscheinend beim Dreamliner im Fall der Akkus aber nicht genug.

Die Unfall­berichte zu den Batterie­problemen des Dreamliners erwähnen zwar, dass der genaue Auslöser der Akku-Brände nicht ermittelt werden konnte. Dass aber in den Tests der Dreamliner-Batterie noch nicht einmal heraus­gefunden worden war, dass eine durchgehende Zelle reicht, um die anderen sieben Zellen der Batterie ebenfalls durchgehen zu lassen, und entsprechend sich die Menge an Rauch und ausgelaufenem Elektrolyten verachtfacht, wurde in den Unfall­berichten scharf kritisiert. Beim Dreamliner waren die Tests daher definitiv unzureichend.

Neben der Erhöhung der Zuverlässig­keit der Zellen ist aber die Verhinderung von Ketten­reaktionen der wichtigste Ansatzpunkt für die Erhöhung der Sicherheit der Verwendung von Li-Ion-Akkus sowohl im Flugzeug als auch im Smartphone: Eine durchgehende Zelle darf nicht die Umgebung mit in Brand setzen. Im Flugzeug darf die defekte Zelle also nicht die Nachbar­zellen mit in den "thermal runaway" schicken. Und auch im Smartphone muss gelten: Wenn der Akku durchgeht, dann ist zwar das Smartphone selber danach Schrott. Aber es darf dabei dennoch nicht so heiß werden, dass es anschließend andere übliche Materialien in der Nähe, zum Beispiel Holz oder Stoff, in Brand setzt.

In einem Kommentar äußern wir eine weitere Meinung zum explodierenden Akku des Samsung Galaxy Note 7, aber aus einer etwas anderen Perspektive.

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