Pilotprojekt: BBC strahlt 13 Radioprogramme über 5G aus
BBC mit Radio-Testbetrieb über 5G
Foto: BBC
Ist DAB+ das Radio der Zukunft, das den UKW-Rundfunk in einigen Jahren beerben wird? Gibt es mit Internet-Streaming eine Alternative oder könnte auch der 5G-Standard ins Spiel kommen? Erste Tests für Rundfunk über 5G gibt es in Bayern. Dabei konzentriert man sich allerdings auf Fernsehsendungen und klammert das Radio bewusst aus. In Großbritannien startete am 22. Februar ein Probebetrieb, der sich anders als die Tests in Bayern auch an Endverbraucher richtet .
Für das Pilotprojekt, an dem die öffentlich-rechtliche britische Rundfunkanstalt BBC maßgeblich beteiligt ist, wurde die Insel Stronsay, Orkney ausgewählt. Dabei fiel die Wahl nicht zufällig auf diese Region. Denn bislang haben die Menschen in der Region erhebliche Nachteile hinsichtlich der verfügbaren Infrastruktur. Sowohl im Festnetz als auch im Mobilfunk sei die Breitbandversorgung eingeschränkt. Auch das terrestrische Digitalradio DAB sei nur schlecht zu empfangen.
Die BBC hat eigens für den Testbetrieb ihre BBC-Sounds-App modifiziert. So können 13 Hörfunkprogramme über den 5G-Broadcast-Dienst empfangen werden. Neben dem Radio-Angebot bekommen die Testkunden über 5G einen mobilen Breitband-Internetzugang. Jetzt liegen nicht nur erste Erfahrungswerte aus dem Probebetrieb vor. Der Testlauf, der ursprünglich auf sechs Wochen angelegt war, wurde außerdem bis Ende September verlängert.
BBC: "Probebetrieb kommt bei Teilnehmern gut an"
BBC mit Radio-Testbetrieb über 5G
Foto: BBC
Wie die BBC mitteilte, kommt der Probebetrieb bei den Teilnehmern gut an. Rund 90 Prozent der Tester seien mit dem mobilen Internet-Zugang zufrieden. Die Netzabdeckung sei sogar von 100 Prozent der Befragten positiv beurteilt worden. Mit der Empfangsqualität zeigten sich indes nur "mehr als 50 Prozent" der Testpersonen zufrieden. Die Teilnehmer lobten den Angaben zufolge außerdem die Flexibilität und Portabilität des 5G-Dienstes. Auch die Benutzerfreundlichkeit sei positiv beurteilt worden.
Dank der Verlängerung des Tests können die Testpersonen die Internet- und Mediendienste weiter nutzen. Die BBC und deren Partner haben zudem die Möglichkeit, die technischen Parameter weiter zu optimieren, zumal die Zufriedenheit der Kunden hinsichtlich der Empfangsqualität noch "Luft nach oben" hat.
Die BBC ist im vergangenen Jahr dem 5G-Rural-First-Konsortium beigetreten. Dabei handelt es sich um eine staatlich finanzierte Initiative von Cisco. Ziel ist es, Möglichkeiten einer verbesserten Konnektivität in ländlichen Regionen zu erforschen. Die BBC hat dabei Rundfunk über 5G als potenzielle Möglichkeit bezeichnet, um die Rundfunkversorgung insbesondere in ländlichen Regionen zu verbessern.
Deutschland muss Schritt halten
Auch in Deutschland sollten sich Medienpolitiker, Rundfunkveranstalter und die Landesmedienanstalten an einen runden Tisch setzen, um zumindest über die Einführung eines vergleichbaren Pilotprojekts zu beraten. Smartphones spielen beim Audiokonsum eine immer größere Rolle. Allerdings haben es die Telekommunikationskonzerne erfolgreich verhindert, dass die aktuellen Broadcast-Standards DVB-T2 HD und DAB+ in die mobilen Endgeräte integriert werden konnten.
Beim neuen Mobilfunkstandard 5G ist dagegen kein spezieller Chip erforderlich, jedes Smartphone oder Tablet wird automatisch über die Möglichkeit des 5G Broadcast-Empfangs verfügen. Die Zahl für den zum Empfang geeigneter Endgeräte dürfte sich - anders als bei DAB+ - rasend schnell entwickeln: Schon 2024 könnte die Hälfte aller Deutschen ein 5G-taugliches Gerät besitzen, nimmt man die bisherige Entwicklung zum Anlass, wonach die meisten Deutschen alle zwei bis drei Jahre ein neues Mobiltelefon anschaffen.
5G Broadcast und DAB+ können parallel laufen
Wenn sich der Hörfunk nicht an 5G Broadcast beteiligt, droht vor allem bei jüngeren Zielgruppen eine noch schnellere Abwanderung zu Streamingdiensten wie Spotify. Zuvor müssen jedoch Fragen über Zugang und Geschäftsmodelle diskutiert werden.
Es gibt auch Gründe DAB+ und 5G Broadcast lange parallel laufen zu lassen. Während DAB+ den klassischen Endgerätemarkt abdeckt, könnte 5G Broadcast der Rundfunkstandard für Smartphones und Tablets werden. Natürlich kostet das alles aber viel Geld, denn die Veranstalter müssten nicht nur wie bisher doppelt, sondern sogar dreifach für die technische Verbreitung zahlen. Außer den ganz großen der Branche wird kein Veranstalter das nötige Bare aufbringen können.
Sinnvoll wäre dann endlich ein Migrationsprozess vom alten, teuren, analogen UKW-Standard hin zu digitalen Verfahren. Und hier wiederum ist vor allem die Politik gefragt.