5G-Frequenzauktion: Wer nachgibt, verliert?
Mainz, lateinisch Mogontiacum. Eine Stadt, von den Römern gegründet, ein Dom, eine wechselvolle Geschichte und eine ehemalige US-Army-Kaserne, worin die Zentrale der Bundesnetzagentur sitzt. Gestern um 15.40 Uhr endete dort die Runde 270 im großen Frequenzpoker. Dann wurden die Vertreter von vier entfesselten Mobilfunkanbietern in ein verlängertes Wochenende geschickt, um Kräfte zu tanken und nachzudenken, um was es hier eigentlich geht. Die Auktion wird erst nächste Woche Montag, den 6. Mai, fortgesetzt.
Um was geht es nochmal?
Runde 270 der Frequenz-Auktion ist beendet
Screenshot: bnetza.de
Zur Erinnerung: In Mainz geht es um die Versteigerung von Frequenzen in zwei Bereichen: 2,1 GHz und 3,6 GHz.
Alles klar auf 2,1 GHz
2,1 GHz wird aktuell noch überwiegend für UMTS genutzt, inzwischen taucht aber immer mehr LTE auf 2,1 GHz auf. LTE ist spektral effizienter und die vorhandenen Antennen können weiter verwendet werden. Diese Frequenzen wurden im Jahre 2000 für schlappe 50 Milliarden Euro an sechs "Gewinner" versteigert, eine der bislang teuersten Frequenz-Auktionen. Dieses Mal sind die Netzbetreiber bereit, dafür 2,351 Milliarden Euro zu berappen, was sich in 2 Blöcke für Telefónica (einer 2021, einer 2026) für 374,8 Millionen, in 4 Blöcken ab 2021 für die Telekom für 851,5 Millionen, 3 Blöcke für Vodafone "jetzt" und einen "später" für 800,9 Millionen und 2 Blöcke nach 2026 für 1&1-Drillisch für 323,9 Millionen darstellt.
Und 3,6 GHz?
Verhakt haben sich die Kontrahenten aber auf 3,6 GHz, wo es um 29 Blöcke für vier Anbieter geht. Wäre mit etwas Grundschul-Mathematik einfach zu rechnen: 7 Blöcke für jeden, bleibt einer übrig, sprich ein Anbieter bekäme 8. Doch so einfach ist es nicht.
Nach aktuellem Stand haben Vodafone und Telekom sich je acht Blöcke ergattert, Telefonica sieben und Drillisch als Neueinsteiger hätte sechs. Zwischendurch konnte sich die Telekom sogar einmal auf 9 Blöcke hochbieten, was aber den anderen nicht so wirklich gefallen hatte.
Macht Summa Summarum für 3,6 GHz gestern Nachmittag um 15.40 Uhr stolze 3,258 Milliarden nur für die 3,6 GHz Frequenzen. Oder im Einzelnen: Telefonica mit 7 Blöcken für 778 Millionen, Telekom und Vodafone mit je 8 Blöcken für 904,5 bzw. 814,0 Millionen und Newcomer 1&1-Drillisch mit 761,9 Millionen immerhin am "günstigsten". Dem Staat stünden derzeit insgesamt 5.609.590.000 Euro zu - also der Gegenwert von knapp 28.000 Mobilfunksendern!
Welche Strategie steckt dahinter?
Offizielle Stellungnahmen darf es bis zum Finale in Mainz nicht geben, also haben wir uns in der Branche ein wenig umgehört: "Bei Drillisch ist schon länger keine Änderung mehr zu sehen, weil sie ihre Blöcke alle weiter hinauf geboten hatten. Was wir seit einigen Runden sehen, ist kein Krieg zwischen zwei Betreibern, sondern eher einen zwischen allen Vieren. Es ist immer einem Bieter ein Block zu wenig, so dass er den momentan günstigsten Block "nimmt", egal wem dieser im Augenblick gerade "gehört".
Und weiter: "Bis gestern Mittag haben wir oft ein Duell zwischen Telekom und Vodafone gesehen. Gestern Vormittag (da fand unser erste Gespräch statt) hatte die Telekom acht statt gewünschter 9 Blöcke. Sie wird in der kommenden Runde auf den günstigsten bieten und das ist der 03A, wenn ich es richtig sehe. Der ist aktuell bei Vodafone."
Und so geschah es auch. Der Insider war sichtlich zufrieden. "Ich hab's ja gesagt. Als nächstes wird die Telekom sich den Block 09A von Telefónica holen und in der Runde drauf Telefónica den Block 22A von der Telekom." Und so geschah es.
Wie lange dauert das noch?
Wir fragen uns: Und wie lange soll dieses grausame Spiel noch dauern? Die Antwort: So lange, bis einer der vier seinen Anspruch um einen Block reduziert. Und das ist vermutlich abhängig vom Preis. "Für mich", so ein Insider, "klingt das ein bisschen nach Schach. Die nächsten Züge: Telekom auf 21A von Telefónica, anschließend Telefónica auf 14A von Telekom." Genauso ist es, wie man am Endergebnis sehen kann.
Das Ergebnis von Runde 270. Die Bieter gehen ziemlich strategisch vor. Nur wer kann dabei gewinnen?
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Grafik: Bundesnetzagentur
Es gibt pro Anbieter eine Schmerzgrenze. Wie hoch die ist, weiß außer den wenigen unmittelbar Beteiligten niemand. Wird diese Grenze gerissen, wird ein oder werden mehrere Bieter auf ihre Vorstellungen von 9 Blöcken wohl verzichten.
Es bleiben Fragen
Die Frage bleibt, ob bei einer ohnehin geringen Reichweite der Frequenzen bei 3,6 GHz die fehlenden Frequenzblöcke nicht durch kleinere Zellradien und "einen Sender mehr" wieder wett gemacht werden können, anstatt viel Geld für Frequenzen auszugeben. Vermutlich sind die Beteiligten im Spiel-Fieber und können nicht nachgeben oder aufgeben. Ergo müssen wir abwarten, ob das verlängerte Wochenende bei den Beteiligten zum Nachdenken oder eher zum "Jetzt erst recht"-Gefühl der Branche führen wird.
Am Tage X - so er denn irgendwann kommen wird - wenn die Auktion geschlossen und Pressevertreter nach Mainz geeilt sind, werden uns die Chefs der vier Mobilfunkanbieter einiges zu erklären haben!