5G Broadcast wird nicht für Radio entwickelt
Der Sender Wendelstein des Bayerischen Rundfunks. Von hier wird bereits 5G Broadcast ausgestrahlt
Bayrischer Rundfunk. Pressefoto: Gerhard-Wenzel
Das digital-terrestrische Radio DAB+ setzt sich immer mehr in Europa durch, doch einige vor allem private Hörfunkveranstalter wollen die Technologie nicht. Sie sind im Moment mit ihrem Geschäftsmodell über UKW noch zufrieden und sehen im digital-terrestrischen Radio DAB+ lediglich eine Brückentechnologie auf dem Weg zu 5G. Die beim Institut für Rundfunktechnik (IRT) angesiedelte 5G Media Initiative warnt diese Veranstalter allerdings jetzt in einer Stellungnahme vor diesem Szenario und bemängelt zudem, dass in der Diskussion oft nicht zwischen 5G Unicast und 5G Broadcast unterschieden wird.
5G wird nicht flächendeckend verfügbar sein
5G werde im Laufe der kommenden Jahre zunächst als reines Mobilfunksystem (Unicast, Punkt-zu-Punkt Verbindungen) in den Markt kommen. 5G sei dabei weder eine Wunderwaffe noch eine große Innovation. Für die technischen Möglichkeiten einer Hörfunkverbreitung (Audiostreams) ergeben sich laut der Initiative nur marginale Unterschiede zum existierenden 4G-Mobilfunk (LTE).
5G werde sich als von Mobilfunkbetreibern bereitgestellte Technik an deren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ausrichten. Eine 5G-Flächendeckung im Unicast-Modus, welche mit Rundfunksystemen annähernd vergleichbar wäre, sei derzeit nicht absehbar. Damit wäre 5G im Unicast-Modus maximal eine Ergänzung für den Hörfunk, etwa um den Empfang auch über terrestrische Sendegebiete hinaus zu ermöglichen.
5G Broadcast richtet sich an Bedürfnissen des Fernsehens
Der Sender Wendelstein des Bayerischen Rundfunks. Von hier wird bereits 5G Broadcast ausgestrahlt
Bayrischer Rundfunk. Pressefoto: Gerhard-Wenzel
Der europäische Rundfunk engagiert sich seit Jahren, den 5G-Standard so zu erweitern, dass die Verbreitung von linearen TV-Programmen zukünftig möglich sein wird. Dazu können existierende Rundfunksendeanlagen (High Tower High Power) verwendet werden, von denen ähnlich wie bei DVB-T2 ein Signal von einem Sender gleichzeitig an eine unbegrenzte Anzahl von Empfängern gesendet wird. Dies erlaubt einen unabhängigen Netzbetrieb durch Rundfunknetzbetreiber. Diese Erweiterungen des globalen 5G-Standards werden unter dem Titel "5G Broadcast" öffentlich diskutiert, technisch handelt es sich um FeMBMS (Further evolved Multimedia Broadcast Multicast Service).
Die Standarderweiterung und die geplanten Versorgungsstrukturen orientieren sich allerdings an den Erfordernissen einer TV-Verbreitung. Das primäre Ziel dabei sei es, Free-to-Air-TV-Angebote auf Endgeräte wie Smartphones, Tablets und in Fahrzeuge zu bringen. Die Verbreitung von linearen TV-Programmen zur umfangreichen, parallelen Nutzung profitiere aufgrund der hohen Datenraten von einem Rundfunkmodus.
Ohne Zweifel könne 5G-Broadcast aus technischer Sicht auch für die Verbreitung von linearen Hörfunkprogrammen verwendet werden. Die speziellen Anforderungen des Hörfunks an die Verbreitung seiner linearen Inhalte, wie zum Beispiel flächendeckende Versorgung und Regionalisierung, werden allerdings durch die Einführung von 5G Broadcast nicht automatisch erfüllt.
Die derzeitigen Versorgungsziele richten sich an den Vorgaben für TV aus. Der Hörfunkmarkt allein besitze nicht genügend wirtschaftliches Potenzial, um die Marktdurchdringung von 5G Broadcast voranzutreiben. Erst wenn der 5G-Broadcast-Markt für TV angelaufen sei, würden sich theoretisch Optionen für den Hörfunk ergeben.
In der Konsequenz bedeutet dies, dass auch ein Markterfolg von 5G Broadcast für TV nicht automatisch eine erfolgreiche Nutzungsmöglichkeit für Hörfunk bedeutet. Eine erfolgreiche Markteinführung von 5G Broadcast für TV müsse zudem noch einige Hürden überwinden. An erster Stelle stehe die Verfügbarkeit von Chipsets und Endgeräten, die 5G Broadcast unterstützen, sowie von ausreichendem Spektrum.
5G Broadcast benötigt mehr Sender oder höhere Leistungen als DAB+
Hinzu kommen versorgungstechnische Probleme: Da 5G Broadcast im UHF-Band verbreitet wird, sind höhere Sendeleistungen oder mehr Sendeanlagen nötig als im Band III, wo DAB+ ausgestrahlt wird. Kommt ein DAB+-Sender mit einer Strahlungsleistung von 10 kW aus, sind bei 5G Broadcast bei gleichem Versorgungsgebiet 100 kW nötig. Damit würde ein flächendeckendes Netz weit teurer werden als bei DAB+.
Im Endeffekt bedeutet die Stellungnahme, dass es für den Hörfunk in der digitalen Welt momentan kein besseres System als DAB+ gibt. Dass das digital-terrestrische Radio nicht auf Smartphones präsent ist, liegt nicht an der Technologie, sondern an der Blockade der Telekommunikationsunternehmen, die in erster Linie Datenvolumen verkaufen wollen und daher nicht an einem Rundfunkmodus interessiert sind.